Mit Besorgnis sehen manche Menschen derzeit dem baldigen Beschluss des Gebäude­energie-Gesetzes (GEG) entgegen. Namentlich in § 6 des Gesetzesentwurfs werden im Zuge nationaler Umset­zung der Empfehlungen einer EU-Richtlinie von 2018 Fernablösung und in diesem Zusammenhang indirekt Mobilfunk-Technologie bei Wärmeverbrauchszählern in Mehrfami­lien­häusern vorge­schrieben; betroffen sind demnächst Mess-Einrichtungen für Wasser, Gas und Heizwärmeverteiler. Die technisch be­quemen und preiswerten Vorgaben können für viele Mitbürgerinnen und Mitbürger in ihrem Haus­halt eine unerwünschte, ja besorgniserregende Strah­len­belastung bedeuten.

Schlaflosigkeit als Teil des Mikrowellen-Syndroms

Bislang blieb der gesundheitliche Aspekt in der politischen Debatte völlig unberücksichtigt. Mit Blick auf angemessenen Daten- und Strahlenschutz im privaten Wohnraum fordert nament­lich der Mün­chener Verein für Elektrosensible und Mobilfunk-Geschädigte e.V. ein vorausset­zungs­loses Widerspruchs­recht gegen Funkzähler. Nachdem viele der Betroffenen durch tech­nische Abschirm-Maßnahmen ihr Leiden unter der Funk­strahlung mehr oder weniger er­träglich machen konnten, wären neue Quellen häufiger Strahlung innerhalb der teuren Schir­mung kontraproduktiv, da es dann zu unerwünschten Reflektionen käme.

Tatsächlich warnt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): „Personen in der Nähe von drahtlos kommunizierenden SmartMetern sind den elektromagnetischen Feldern der Geräte ausge­setzt und absorbieren einen Teil der ausgesendeten Strahlungsleistung.“ Besänftigend heißt es aber weiter, die funkenden Zähler seien ja in der Regel unten im Keller installiert, so dass ein großer Abstand zwischen Sender und Personen bestehen bleibe: „Mit dem Abstand zum Sender nehmen die Feldstärken schnell ab.“ Aber das trifft auf manche Elektrosensible nicht zu, die vor der Strahlung zum Schlafen just in ihre Keller fliehen, wo die niedrigste Belastung zu herr­schen pflegt. Dabei überzeugt die BfS-Besänftigung bei funkenden Wärmekostenzäh­lern in keinster Weise mehr: Sie befinden sich ja direkt in den Wohnräumen! Mobilfunk wird dem neuen Gesetzentwurf zufolge in die privatesten Winkel hinein ge­zwungen. In einer 2-Zimmerwohnung beispielsweise kämen meist vier Was­ser­zähler zum Funkein­satz, im Keller drunter obendrein Haus­wasser-Zäh­ler sowie smarte Strom­zähler.

Dem Freiburger Umweltmediziner Joachim Mutter zufolge hatten manche seiner Patien­ten nach dem Einbau neuer Heizungsmesszähler auf Funkbasis „vielerlei Beschwerden und Krank­hei­ten erworben“ – sogar wenn sie nicht wussten, dass neue Strah­len­quellen installiert wur­den. Es handele sich – so der Mediziner – ums „Spektrum des Mik­ro­wel­lensyndroms: Schlaf­losigkeit, Kopf- und Körperschmerzen, Herzpalpitation, Blut­druck­krisen, Schwin­del, Müdig­keit, Gedächtnisschwäche, Augenbrennen, Hautbrennen, Tinni­tus, Depressio­nen etc. Diese wurden erst besser, nachdem die Fachfirma die elek­troni­schen Wär­me­zähler demon­tiert und dafür wieder die alten Messröhrchen an den Heiz­körpern an­ge­bracht hatte.“

Als 2017 die Deutsche Allgemeine Krankenkasse (DAK) eine eklatante Zunahme von Schlaf­stö­rungen bekannt machte, erörterte sie unter möglichen Ursachen nicht den Faktor Funk. Doch alsbald stellte das Fach­kran­kenhaus Kloster Grafschaft in Schmallenberg fest, das Handy im Schlafzimmer werde zunehmend zum Problem. Der Chefarzt im dortigen Schlaf­labor riet, Han­dys und Laptops aus dem Schlaf­zimmer zu ver­bannen. Warum aber ging sonst niemand daran, die dramatische Zunahme von Schlaf­störungen mit der Zunah­me an Strahlen­belastung durch Funk in Verbindung zu bringen und eine systematische, neu­trale Überprüfung zu for­dern? Wohin führt die elektronische Ver­netzung von Küche, Wohn- und Schlafzim­mer im so­ge­nannten Smart home? Wohin führt die vermehrte Installation von Funk­rauchmeldern in Schlaf­räu­men, die stetig in relativ kurzen Abständen – etwa zweiminütlich – im Standby senden? Und wohin das neue Gebäude­energie-Gesetz GEG?

Biologische Effekte der Strahlung und Lösungswege

Namentlich für Elektrohochsensible, die ihren Haushalt bislang möglichst funkfrei ge­halten haben, tut sich künftig eine regelrechte Strahlen-Zumutung auf, weil selbst wohl niedrigere Dosen etwa bei einer Stärke von 10 Milliwatt von ihnen gleichsam „allergisch“ gespürt werden können. Die oft zu hörende, auch behördlich gängige Meinung, es handele sich bei ihren Empfindungen und Ängsten bloß um psychische Ge­störte, lässt sich keinesfalls generalisieren: Sie übergeht wissen­schaftliche Befunde und Erklärungsmodelle, denen zufolge Mobil­funk-Strahlung nicht nur Wärmewirkungen, sondern auch biologische Effekte zeitigen kann. Hierüber in­formieren neben der Verbraucher­orga­ni­sation diagno­se:funk das Buch „Elektro­sensibel“ der Ärztinnen Christine Ascher­mann und Cornelia Wald­mann-Selsam sowie die Bro­schüre „Elek­trohypersensibilität“ der Kom­petenz­initia­tive e.V. Es gilt die ökologische Wen­de endlich so zu ge­stal­ten, dass sie tatsächlich um­welt­freundlich aus­fällt – also auch human gegenüber elek­trosensiblen Mitmen­schen, von denen manche sich infolge des neuen Geset­zes in die Woh­nungslosigkeit getrieben sehen könnten. Hier geht es um die Ein­haltung von Grund- und Men­schen­rechten, das Recht auf Unver­letz­lich­keit der Woh­nung eingeschlossen.

Tatsächlich entspricht das neue Gesetz auch kaum der Europäischen Daten­schutz-Grund­verordnung, die auf Daten­sparsamkeit zielt statt auf Datenmulti­plikation. Die Juristin Margit Krug macht in ihrer neuen Broschüre „Lausch­angriff durch smarte Zähler“ (pad-Verlag) auf diese Problema­tik auf­merksam. Angesichts der wissen­schaftlich unentschiedenen Diskussion bezüglich des biologischen Schä­di­gungs­po­tential des Mobilfunks und ohne angemessene Technikfolgen-Abschätzung wäre es ein unver­antwortli­cher Irr­weg, Funkmess­technik in der Wohnungswirtschaft auch nur indirekt zur gesetzlichen Pflicht zu erheben. Wenn die Befürchtungen von Umweltärzten zutreffen, könnte unter anderem eine Schwächung des Immunsystems in breiten Bevölkerungsschichten die bittere und letztlich auch teure Folge sein. Der gern angeführte Vor­wand, dass fern­ablesbare Funk­technik nötig sei, um Energie­ein­spa­rungen zu ermöglichen, ist ohnehin zweifelhaft und geht im Übrigen am Schä­digungspo­ten­tial der Strahlung für Mensch und Klima vorbei. Gerade aus ethischer Sicht ist das geplante Gesetz daher deutlich zu kri­tisieren.

Literaturempfehlung zum Thema

„Lauschangriff durch smarte Zähler – Informationen und Ratschläge zum häuslichen Daten und Strahlenschutz bei Strom- und anderen Zählern“, 6 €
Margit Krug, Juristin, www.pad-verlag.de

buchempfehlung lauschangriff

Nur problembewusste Kunden werden sich, wenn das Gesetz gleichwohl im Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird, umsehen nach Firmen, die den erzwungenen Funk möglichst sparsam einsetzen. Das tun leider nicht viele. Beispielsweise funken nach eigenem Bekunden die Zähler der Firma Hecon Abrechnungssysteme GmbH nachts nicht und die der Firma ista bei ihrem System symphonic 3 per Abruf lediglich alle 14 Tage. Doch selbst bei entsprechender Funk-Sparsamkeit dürfte kein angemessener Datenschutz vorliegen, insofern die Daten im elektronischen Messgerät vom Datenlogger ununterbrochen erhoben, gespeichert und dann eben verzögert gesendet werden – gut für Profiling und BIG DATA. Außerdem gibt es keine Garantie, dass der jetzige Zustand mit möglicherweise wenigen Funksignalen so bliebe. Sogar aus der Ferne könnte neu konfiguriert und auf ständigen Funk umprogrammiert werden. Nur vielfache und eindringliche Bürgerproteste werden jetzt vielleicht noch helfen.

Weitere Publikationen des Autors Prof. Dr. Werner Thiede

  • Mythos Mobilfunk. Kritik der strahlenden Vernunft (oekom-verlag.de)
  • Digitaler Turmbau zu Babel (oekom-verlag.de)
  • Die digitale Fortschrittsfalle. Warum der Gigabit-Gesellschaft mit 5G-Mobilfunk freiheitliche und gesundheitliche Rückschritte drohen (pad-verlag.de)
  • Digitalisierung als Weltanschauung. Wie die rigorose Vernetzungspolitik mit 5G-Mobilfunk ideologische Züge offenbart (pad-verlag.de)

Prof. Dr. theol. habil. Werner Thiede ist apl. Professor für Systematische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, Pfarrer i.R. der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern und Publizist zahlreicher Bücher, Broschüren und Artikel. Weitere Infos: www.werner-thiede.de

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  1. Ich denke, dass dies sehr dicke Bretter sind, die da zu bohren sind.
    Es wird wohl ein sehr langer Weg sein, bis die Thematik in der Bevölkerung ankommt.

  2. Sehr geehrter Herr von Abercron,

    es darf keine Pflicht für funkbasierte Ablesesysteme geben. Das wird langfristig die Wohnnebenkosten erhöhen und ist gesundheitlich bedenklich. Bevor Sie am Donnerstag über das GE-Gesetz abstimmen lesen Sie bitte diese Hintergrundinfo: https://baubiologie-magazin.de/mobilfunk-zwang-im-privathaushalt
    Wenn die Regierung wie im Falle von Corona wirklich an der Gesundheit des Bürgers interessiert ist, dann sollte auch hier die Gesundheit an erster Stelle stehen!
    MfG
    Manju Klaubert

  3. Hallo,
    ich bin elektro – sensibel und ich komme wie erschlagen aus dem Urlaub, da man fast keinen Platz mehr ohne Funkstrahlen findet.
    Die vielen Handys, Wlan, Funktürme u.s.w. machen mich fertig, bringen mich aus dem Takt und ich habe große Schlafprobleme, Kopfdruck, meine Glieder schlafen ein.
    Wenn uns so etwas auch noch ins Haus eingebaut wird, weiß ich nicht mehr wie ich das aushalten soll! Mit 5 G sterben die Vögel, die Insekten, die Pflanzen und die Menschen.

  4. Aktuell ist es sehr schwierig, diesen Themenbereich neutral zu diskutieren. In der öffentlichen Darstellung von Politikern und in den Nachrichten/Medien werden Mobilfunkkritische / 5G-skeptische Fachleute und Warner vor der Überdigitalisierung pauschal zu den Verschwörungstheoretikern gezählt.
    Die Baubiologen insgesamt, die hier ja besonders sensibilisiert und kritisch sind, werden hier diskreditiert und als Spinner abgestempelt.

    Ich habe fast die Befürchtung, dass dies nicht mehr aufzuhalten ist. Bei der Homöpathie ist dieser Prozess schon (fast) abgeschlossen und werden in die Rubrik Globuli-Idioten und Impfgegner eingeordnet.

    Bürgerproteste haben leider in Corona-Zeiten diesen Trend verstärkt, weil aktuell Jeder, der seinen Protest öffentlich macht, als unverantwortlich, rechts oder durchgeknallt dargestellt wird.

    • Diese Wunschvorstellung ein “Aufwachen in der Bevölkerung” zu schaffen ist schon seit vielen Jahren schwierig umzusetzen. Und heute in Corona Zeiten wo eine Corona-App mit Bluetooth Tracking öffentlich diskutiert und zur Verfügung gestellt wird, kann man durchaus von chancenlos sprechen. Zu interessant sind wohl diese digitalen Chancen für Politik, Industrie und Wirtschaft.

      Zu abhängig ist der Mensch heute von dieser digitalen Erweiterung, geschaffen durch Smartphone und Co.. Zu verlocken die Vorteile und zu gravierend die gefühlten Nachteile beim “nicht dabeisein”. Gefangen in einem so gut wie unüberwindbaren Suchtverhalten, das erst duch die bittere Auswirkung von Krankheit und Ausfall in Beruf und Ausbildung durchbrochen werden kann. Wohl erst dann beginnt das schmerzhafte Erwachen und auch diese bekannte gesellschaftliche Abstempelung als “Spinner und Simulant”. Dieses Aufwachen geschieht allerdings auch nur dann, wenn der Zusammenhang mit unserer technischen belastenden Umwelt geistig erkannt und zugelassen wird.

      Und dennoch sind es die von Tag zu Tag zunehmenden kritschen Fragen von Menschen an der baubiologischen Hotline, die dann doch wieder ein Licht am Ende des Tunnels erkennen lassen. Nicht für alle, jedoch für den einzelnen Menschen und dessen Familie. Und so werden aus jedem einzelnen Menschen von Woche zu Woche kontinuierich mehr.

      • Vielen Dank – Ihre Worte sind berührend, gewandt gewählt und auf den Punkt gebracht.

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