Coming soon … Kreativquartier

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Innovative Ideen zur Stadt der Zukunft - Der Klimawandel wird unser Leben rasant verändern. Innovative Unternehmen und kreative Wissenschaftler suchen schon jetzt nach intelligenten Technologien und Dienstleistungen für die Stadt der Zukunft. Der natürliche Lebensraum soll dabei erhalten werden.

Neuer urbaner Lebensraum

All diese kreativen Menschen sind vernetzt, brauchen aber auch inspirierenden Raum, in dem sie sich begegnenund miteinander kommunizieren können. So wird „Wohnen auf Zeit“ Alltag in einem globalen, urbanen Lebensstil werden, der durch die Digitalisierung und eine hohe Mobilität das Leben jedes Einzelnen, aber auch das der Stadtgesellschaft als Ganzes weiter erheblich verändern wird.

Was bedeutet das jetzt alles für die Entwicklung der Stadt? Sind Öffentlichkeit und Privatheit, die in ihrer klaren Abgrenzung voneinander den heutigen urbanen Lebensraum, den wir kennen, ordneten, für die Zukunft noch relevant? Welche neuen Wohnformen werden benötigt, um diesem neuen, kulturell vielfältigenLebensstil zu entsprechen und kreative Lebensentwürfe zu beeinflussen? Die Baubiologie kann bei dieser Entwicklung entscheidend helfen.

Zu diesen Themen fand am 11. Juli 2019 im Mucca, dem Münchner Kreativquartier, die gut besuchte Veranstaltung “coming soon … Kreativquartier” statt. Die Veranstaltung war in die Initiative „Welcome-Home – Co-Living 2020“ eingebunden, die sich mit der interdisziplinären Entwicklung von Lösungen für die Stadt von Morgen auseinandersetzt. Initiatoren der Initiative sind die Unternehmer TUM, MINI LIVING und DETAIL. Multidisziplinäre Experten wie

  • Ellen Blumenstein, Kuratorin Hafencity Hamburg
  • Jürgen Enninger, Leiter Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der LH München
  • Stefan Höglmaier, Euroboden, Grünwald
  • Matthias Hollwich, HWKN, New York
  • Jan Wurm, Arup Architekten und Ingenieure, Berlin
  • Wojciech Czaja, Wien (Moderation)

gaben anhand ihrer eigenen Projekte kurz Einblick in innovative Denk- und Handlungsansätze zur Gestaltung der Stadt der Zukunft. Anschließend wurde in der Podiumsdiskussion darüber diskutiert und auch gestritten.

Baumhaus

Bauland bezahlbar machen

Zunächst zeigten die Experten anhand der hohen Münchner Bodenpreise, wie wichtig es für die Stadt der Zukunft sein wird, die Bodenpreise nicht weiter ausufern zu lassen, sondern sozial geeignete Mechanismen zur Preiskontrolle einzusetzen. Genannt wurden als Beispielmechanismen die „Sozial gerechte Bodennutzung (SoBoN)“. Hier werden bei Bauvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen ca. 30 % der neuen Wohnflächen als Sozialwohnungen oder Wohnungen mit Mietpreisbindung zur Verfügung gestellt. Auch Erbbaurechte werden vergeben. Auf diese Weise bleibt Grund und Boden im Eigentum der Stadt, dennoch entsteht Bauland für den dringend benötigten Wohnraum. Erbpacht kann ein städtischer Hebel gegen Spekulation sein. München vergibt bereits städtische Grundstücke in vielen Stadtbezirken nur noch auf Erbpacht. Matthias Hollwich zeigte am Beispiel der gerade in New Jersey (USA) in Bau befindlichen 50.000 Wohnungen, die den „Wohnungsdruck“ aus dem nahen Manhattan (New York) nehmen sollen, wie wichtig es ist, in regionalen Dimensionen zu denken.  

Kreative Stadtquartiere

Grünes Stadthochhaus

Nur auf bezahlbaren Grundstücken können innovative Gebäudekonzepte mit Mehrwert für die Entwickler in der Stadt der Zukunft entstehen.In diesem Zusammenhang wiesen die Experten darauf hin, wie wichtig es ist, bestehende Quartiere, wie z.B. alte Industrieanlagen, zur Neuinterpretation zu öffnen oder städtische Konversionsflächen zur kreativ nachhaltigen Wiedereingliederung in die Stadt anzubieten. Jürgen Enninger ergänzte dazu, „unattraktive Quartiere zu schaffen und Räume zu bauen, die nicht kommerziell funktionieren“, könnte man ebenfalls als geeignete Mechanismen zur Preiskontrolle einstufen.

Der “Urbane Nomade”

Der „Urbane Nomade“ war in der Diskussion bei der Suche nach Lösungen für ein „Wohnen auf Zeit“ ein von Allen gern benutzter Begriff. Als mögliches innovatives Gebäudekonzept wurde dafür als Lösung „Co-Living“ vorgeschlagen, eine aufräumlicher, sozialer und technologischer Ebene neue Form des flexiblen Wohnens, bei der Shared Places ein zentrales Anliegen sind. So sollen anstelle von bisherigen städtischen Wohnzweckgemeinschaften neue, sozial basierte Lebensgemeinschaften möglich werden. Erwähnenswert ist hierbei aus unserer Sicht das vom Berliner Architekten van Bo Le Mentzel und der Tiny-House University 2017 entwickelte „Co-Being House“. Das Co-Being House ist mit den 100 EUR Wohnungen und dem großen Gemeinschaftsbereich in der Mitte, in dem gemeinsam gekocht, gegessen, gespielt und gearbeitet werden kann, eine völlig neue Generation von Mehrgenerationenhäusern, in denen reich und arm, jung und alt, Singles und Familien auf der Basis partizipativer Planungsprozesse zusammenkommen können.

Gewohnte Regeln aufbrechen

„Gewohnte Regeln aufbrechen“ wurde in der Diskussion zu einem weiteren zentralen Thema. Dazu gehörte der Vorschlag, Stadtgrenzen aufzulösen. Für Städte wie München hätte das den Vorteil, dass der Verwertungsdruck auf das städtische Bauland nachlässt und man den Anstieg der städtischen Bodenpreise begrenzen kann. Aus unserer Sicht aber ein städtebaulicher Nachteil, da die dann „grenzenlose Stadt“ zu einer ausufernden Masse wird. Bisher hat hier das Raumordnungsgesetz (ROG) sowie die Bauleitplanung mit u.a. Flächennutzungs- und Bebauungsplan sowie das BauGB mit §34 (Bauen im Innenbereich) und §35 (Bauen im Außenbereich) entscheidenden Anteil am (ausgeglichenen) Erhalt der Grenzen von Stadt und Land.

Ebenfalls ein Umdenken und Loslassen von gewohnten städtischen Raumverteilungskonzepten verlangt der Vorschlag der Experten, alle städtischen Verwaltungsgebäude an den Stadtrand zu legen und den frei werdenden Platz für ein Wohnen im Stadtinnern zu nutzen.

organisch gewachsene Stadt

Nachhaltigkeit in die Stadt der Zukunft

Nachhaltigkeit in die Stadt der Zukunft war ebenfalls ein viel diskutiertes Thema, vor allem unter dem Aspekt des drohenden Klimawandels. Jan Wurm von Arup, Berlin, meinte, der Bau von städtischen Quartieren muss in Zukunft ohne die Erzeugung von Abfall geschehen. Sein Credo war „Mit was man baut, muss über Jahre wachsen können!“ Im Büro Arup werden Fassaden unter dem Aspekt des Klimawandels neu gedacht. Auf der IBA 2013 in Hamburg wurde eine “Lebende Fassade” im BIQ Algenhaus gezeigt. Dieses Gebäude kann mit seiner lebenden Fassade CO2 über die Biomasse speichern. Andere Experten thematisierten die grundsätzliche Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen beim Bau von Gebäuden sowie Partizipation, Selbstbau und die Bezugnahme auf organische Prozesse im Planungs- und Bauprozess.

Verwegene Vorschläge

Es wurden zum Teil auch „verwegen“ anmutende Vorschläge angeboten. So von Matthias Hollwich, die Idee, einen Masterplan für ganz München zu machen. Dann den Masterplan um 23° zu drehen! Vorgabe dabei ist, kein altes, erhaltenswertes Haus abzureißen! Das dabei entstehende Chaos soll kreativ sein und zu ungeplantem Handeln anregen!

Oder die Idee, alle Häuser der Stadt mit einer Ebene zu überdecken, die ausschließlich aus neuem Freiraum für Alle besteht. Geht das nicht, dann eben stattdessen die bestehende Stadt mit 23 Ebenen zu unterbauen und die Bodenfläche der bestehenden Stadt zur Freifläche zurückentwickeln.

Bildquelle: Veranstaltungsreihe www.coliving2020.de von Unternehmer TUM, MINI Living und Detail

Zuhörerbeiträge

Von den Zuhörern wurde sehr intensiv „die städtische Dichte erhöhen“ gefordert. Besonders kritisiert wurde die Stadt München, die nach Meinung der Zuhörer die notwendige Nachverdichtung der Stadt nicht unterstützt. Aus Sicht der Zuhörer soll Nachverdichtung auch Platz für über-100m-Hochhäuser bieten.

Nach unserer Meinung ist Nachverdichtung sicher ein hilfreiches Mittel, um den Boden-verbrauch (GRZ) in engeren Grenzen zu halten. Gleichzeitig besteht aber damit auch die Gefahr, den städtischen Lebensraum vorwiegend ökonomisch, weil nur am Flächenverbrauch gemessen, zu sehen. Hier sind die Forschungen zum lebenswerten städtischen Raum von Prof. Jan Gehl, dänischer Architekt, hilfreich um zu verstehen, dass zu hohe Dichte auch zu „leblosen“ städtischen Räumen führen kann.

Ergebnis

Als Ergebnis der Veranstaltung lässt sich festhalten, dass es für die Entwicklung der „Stadt von Morgen“ notwendig ist, mit Gewohntem zu brechen, um Neues entwickeln zu können. „Flexibilität“ und „Shared Places“ werden dabei entscheidende Bausteine für die Entwicklung neuer Wohnformen werden.

„Coming Soon …Kreativquartier” ->  Video zur Veranstaltung ansehen

“StadtLandschaften” ist auch als E-Book erhältlich für 20,- EUR.
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Quellenangaben und/oder Fußnoten:

Skizzen: Autor Christoph Bijok

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