Das Vollholzhaus der Familie Maurer ist nicht nur ganz aus Holz (siehe Teil 1: „Wohnen und Yoga im Holzbausystem“), sondern wird auch erneuerbar geheizt. Wärmeenergie erhält es über eine Luftkollektorfassade und einen Grundofen. Die Fassade und der Ofen produzieren Warmluft für die Hypokauste, der Ofen auch angenehme Strahlungswärme im Wohnraum. Da sein Heizeinsatz von allen Seiten von Luft umspült ist, überhitzt er den Wohnraum auch nicht, obwohl das Haus stark gedämmt ist. Die erhitzte Luft aus Kollektor und Ofen leitet ein Ventilator durch einen Wärmetauscher, der den Pufferspeicher für das Brauchwasser im Souterrain versorgt. Über einen elektrischen Heizstab wird dieser in sonnenarmen Wintern nachgeheizt. „Familie Maurer wollte möglichst autark sein“, fasst es Architekt Werner Grosse zusammen. „Die Technik funktioniert auch ohne Strom. Dann allerdings langsamer.“

(1) Markant macht die Solarfassade auf ein besonders nachhaltiges Vollholzhaus aufmerksam | Bild: Werner Grosse
(2) Eingangsbereich mit Treppe zum Yogastudio. Energieeffiziente LEDs belichten das gesamte Haus | Bild: Achim Pilz

Zentrale Solarfassade

Bei der Fassadengestaltung wurde auf eine optimale Einbindung des Warmluftkollekors geachtet. Der Kollektor ist energetisch sinnvoll an der Süd-Ecke des Gebäudes positioniert, d. h. die größere Kollektorfläche ist nach Süd-Osten orientiert, eine etwas kleinere nach Süd-Westen. Für die ganz frühen Sonnenstrahlen gibt es eine kleine Kollektorfläche nach Nord-Osten. An dieser Stelle kann zwar nicht wirklich viel Energie gesammelt werden, aber ästhetisch setzt hier dieses Fassadenteil ein Zeichen.

Der Luftkollektor ist aus einer dreischichtigen Polycarbonatplatte – baubiologisch besseres Glas wäre zu schwer und zu teuer geworden – und der eigentlichen Fassade aus dunkel gestrichenen Rauspundbrettern aufgebaut. Dazwischen befindet sich eine 8 cm starke Luftschicht. Die orange gestrichenen Abstandshalter, die wie zufällig verstreut wirken, lenken den Luftstrom im Kollektor auf einem möglichst langen Weg. So kann er sich an der schwarzen Fläche noch stärker erwärmen. Klassisch würden eloxierte Aluminiumbleche für den schwarzen Hintergrund eingesetzt werden. Diese haben zwar einen besseren Absorptionsgrad, aber auch einen sehr hohen Primärenergiegehalt und wären erheblich teurer. Auch in diesem primärenergetisch besseren Kollektor wird die Luft im Sommer auf bis zu 100 °C erwärmt. In kalten Jahreszeiten wird sie über den höchsten Kollektorpunkt vom Ventilator noch mit bis zu 70 °C ins Kanalsystem gesaugt. Über den Wärmetauscher gibt sie einen Teil ihrer Energie an einen großen Brauchwasserspeicher ab. Die danach noch 40 bis 50 °C warme Luft schiebt der Ventilator durch die Hypokauste, die sie mit 20 bis 25 °C verlässt, bevor sie wieder in den Fassadenkollektor gelangt. Ein Bypass verhindert eine Überhitzung im Sommer.

(3) Über dem Wohnraum liegt der Technikraum mit Wärmetauscher, Ventilator und Schalldämpfer – vom Dachtragwerk schallentkoppelt abgehängt | Bild: Achim Pilz
(4) Dank Steuerung mit Online Schnittstelle war die Einjustierung einfach | Bild: Achim Pilz
(5) Der Grundofen mit luftumspültem Heizeinsatz ergänzt die Versorgung mit erneuerbarer Wärme | Bild: Achim Pilz

Mäandernde Luft

Die Hypokauste besteht aus Wickelfalzrohren im Boden. Acht Rohrzüge mäandern durch den Estrich. Die Luft gibt dort einen Teil ihrer Wärme ab und wird danach wieder in einem Kanal gesammelt. Jeder Zug kann über eine Drossselklappe elektrisch und händisch gesteuert werden. Über ein großes Rohr im Souterrain gelangt die Luft wieder in den Fassadenkollektor. Die Wickelfalzrohre wurden mit Kabelbindern auf einen Metallrost über der Trittschalldämmung aus Holzfaserplatten fixiert und mit einem Anhydritestrich überdeckt. Schiefer bildet den abschließenden Bodenbelag. Die mineralischen Baustoffe sowie 150 m³ Holz und 100 m³ Holzfaser unterstützten jedoch eine stabile Innentemperatur sowie ein ausgeglichenes Raumklima.

Vorteil dieser Luftheizung sind die relativ geringe Herstellungs- und Wartungskosten, da es keine teuren Technik-Komponenten gibt. Nachteil ist ihre Trägheit und eine eingeschränkte Steuerbarkeit. In den Bädern gibt es deshalb hinter den Spiegeln eine elektrische Zusatzheizung.

Bei stattfindenden Yogakursen wird das Souterrain durch einen atmosphärischen Kaminofen geheizt. Durch eine elektrische Infrarotheizung an der Decke wird er unterstützt. Die Hausherrin schaltet sie ein, kurz bevor ihre Kursteilnehmer*innen kommen. Diese seltene Nutzung reduziert auch den Elektrosmog. Der außen liegende Sonnenschutz und die Baumassen verhindern eine Überhitzung im Sommer. Auch das weit überkragende Dach im Süden reduziert die Wärmeeinstrahlung. Eine Verschattung des asymmetrischen Fensters im Kollektor möchte die Bauherrin noch nachrüsten.

(6) Acht Rohrzüge aus Wickelfalzrohren mäandern im Boden der Hypokauste | Zeichnung: Werner Grosse
(7) Die Solarfassade besteht aus dem Holzsystem, Holzweichfaserdämmung, schwarz gestrichenem Rauspund und dreischichtiger Polycarbonatplatte | Zeichnung: Werner Grosse

Energie gestalten

Der Innenraum ist so organisiert, dass man vom Esstisch durch das dynamische Fensters im Kollektor den weitesten Ausblick über die Schwäbische Alb von diesem Grundstück hat. Auch der massive Grundofen gegenüber des Fensters ist asymmetrisch gestaltet. Sein gemauerter und verputzter Kamin ist wie ein Vorhang in der Mitte etwas gerafft. Die schräge Seite verbindet Essplatz und Küche ergonomisch miteinander. Neben den Fenstern in der Küchen und dem Wohnbereich mit außen liegendem Sonnenschutz gibt es kleinere Öffnungen nach Norden und Osten für blendfreies Licht. Für nachts hat eine Lichtplanerin moderne LED-Leuchten integriert, welche die Räume energiesparend beleuchten. Geradlinig greifen sie den Rhythmus der Holzdübel auf und bilden einen schönen Kontrast zum sichtbaren Holz mit seinen relativ vielen Ästen.

Niedrige Verbrauchswerte

Im Zeitraum vom 28.11.2017 und dem 06.03.2019 verbrauchte das Haus mit der Solarfassade und den beiden Öfen durchschnittlich 7,4 kWh Strom je Tag. Im Sommer war der Verbrauch naturgemäß niedriger, im Winter höher. So waren es im Dezember 2018 täglich 10,2 kWh, im Januar 2019 11,6 kWh. In diesen sonnenarmen Monaten wird der Warmwasserspeicher elektrisch nachgeheizt. Je Winter wurden etwa drei Kubikmeter Holz verbraucht, wobei der Grundofen im Wohnzimmer nur bis Mitte Februar angefeuert werden musste.

Haus Steckbrief

  • Wohnhaus mit Yogastudio in Donzdorf (Landkreis Göppingen, Baden-Württemberg)
  • Bauherren: Angelika und Steffen Maurer
  • Baujahr: 2017
  • Nutzfläche: 173 m²
  • Luftkollektor: dunkel gestrichener Rauspund, 8 cm Luftschicht, Polycarbonatplatten (3-Kammer-System) 40 mm
  • Technik: Thermoventilator, Kreuzstrom-Wärmetauscher, Steuerung
  • Rohre (Wickelfalz): Lüftungsrohre DN 300, Hypokauste DN 100
  • Brauchwasserspeicher: 800 l
  • Wärmeerzeuger: Wohnung = Heizeinsatz für Festbrennstoffe 9 kW / Souterrain = Ofen 5 kW
  • Architekt: Werner Grosse, Stuttgart, www.grossearchitektur.de

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