Fabrikneue Wohnmobile emittieren oft viele flüchtige Schadstoffe wie beispielsweise VOC, Formaldehyd, Weichmacher, aromatische Kohlenwasserstoffe. Aus diesem Grund hat sich der Baubiologe IBN Volkmar Hintze ein schadstoffarmes Wohnmobil selbst ausgebaut.

Aktuell sind auf dem Markt keine schadstofffreien Wohnmobile oder Caravans erhältlich und die Hersteller sind mit Informationen zu Schadstoffen i.d.R. sehr zurückhaltend, wie verschiedene Anfragen gezeigt haben. Somit kam ein neues Fahrzeug für Volkmar Hintze nicht in Frage, da seine Ehefrau heftig auf Chemikalien reagiert (MCS). Auch gebrauchte Wohnmobile schieden meist aus, weil häufig Duftstoffe oder andere Chemikalien, insbesondere Rückstände von Insektensprays, vorhanden waren. Es blieb also nur der individuelle Ausbau mit speziellen, schadstoffarmen Materialien.

Materialsuche für den Möbelbau

Als Umweltingenieur und seit vielen Jahren als Baubiologe IBN und baubiologischer Messtechniker verfüge ich über Erfahrung mit baubiologischen Materialien. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen einem Hausbau und dem Ausbau eines Wohnmobils. Das beginnt damit, dass es keinen speziellen „Bio-Ausbauhandel“ gibt und dass andere Anforderungen für einen mobilen Ausbau gefragt sind. Also muss man sich selbst auf die Suche nach geeigneten Materialien machen, die teilweise auch bei Ausbau-Händlern verfügbar sind, aber nicht speziell für einen schadstoffarmen Ausbau ausgelobt sind. Weitere Materialien sind dann aber auch in gut sortierten Naturbaustoffläden und im Baumarkt zu finden. Man muss eben nur lange genug suchen.

Als Basisfahrzeug wurde 2011 ein neuer, unverkleideter Kastenwagen Peugeot Boxer mit langem Radstand und Hochdach gewählt. Bei der Innenraum-Planung wurde ein für zwei Personen optimierter Grundriss gewählt, der auf kleiner Fläche eine möglichst optimale Aufteilung bietet. Fenster und Dachluken wurden bei einer Fachfirma in das leere Fahrzeug eingebaut, um eine sichere Dichtigkeit zu gewährleisten. Die hierbei eingesetzten Kleber und Dichtmaterialien wurden sorgfältig so verarbeitet, dass nur sehr geringe Emissionen in das Fahrzeuginnere gelangten.

Alle sichtbaren Möbel(-teile) wurden aus beschichteten Möbelbauplatten aus Pappelsperrholz hergestellt. Nicht sichtbare Möbelteile wurden aus unbehandelten Pappelsperrholzplatten geschreinert. Die Dämmung wurde mit weichmacherfreien PE-Schaumplatten (nicht verklebt) unter der Sperrholz-Innenverkleidung bewerkstelligt. Die Polster wurden aus einem emissionsarmen Kaltschaum angefertigt und mit einem pestizidfreien Baumwollstoff bezogen. Der Boden wurde ebenfalls mit PE-Schaumplatten gedämmt und mit Alu-Riffelblechplatten zum Innenraum hin ausgelegt.

(1) Der umgebaute Kastenwagen, unscheinbar von außen
(2) Beschichtetes Pappelsperrholz für sichtbare Möbelteile
(3) Geschirmte halogenfreie Elektroinstallation
(4) Unbehandeltes Pappelsperrholz wurde für nicht sichtbare Möbelteile verwendet

Innendämmung
Der Ausbau von Fahrzeugen rein mit Naturmaterialien gestaltet sich durch die relativ dichte Blechkarosserie schwierig. Ein nach außen diffusionsoffener Aufbau ist nicht möglich, das sichere Anbringen einer Dampfsperre schwierig. Zudem muss der Dämmstoff leicht und flexibel sein. Der Einsatz von weichmacherfreien PE-Schaumplatten, die ohne Zwischenräume direkt an den Blechen befestigt werden, ist eine schadstoffarme und aus baubiologischer Sicht tolerierbare Alternative.

E-Technik / Ver- und Entsorgung

Die Installationsleitungen (Wasser, Strom) wurden darunter verlegt. Sämtliche 230-V Stromleitungen und Steckdosen sind in geschirmten, halogenfreien Kabeln ausgeführt. Das Bett wurde quer im Heck über einem Staubereich eingebaut und entsteht durch den Umbau einer Sitzgruppe (mit Hubtisch). Die Sanitärzelle beinhaltet eine Kassetten-Toilette, die mit einer Luftabsaugung ohne Chemikalien geruchsarm betrieben wird. Des Weiteren ist ein Waschbecken und eine Duschmöglichkeit vorhanden. Die Trinkwasserversorgung wird über drei mobile Trinkwasserkanister mit jeweils 15 l bewerkstelligt. Die Kanister sind einfach zu reinigen und es kann auf eine chemische Desinfektion verzichtet werden.

Das Abwasser wird durch untergestellte Kanister aufgefangen. Der Küchenbereich besteht aus einem 2-Flammen-Gaskocher (mit elektrischem Deckenabzug) und einem 60-Liter-Kompressorkühlschrank mit Gefrierfach, einer Spüle und verschiedenen Stauschränken. Die Gasversor- gung erfolgt über eine 11 kg-Alu-Gasflasche, die im Eingangsbereich in einem nach innendichten und belüfteten Kasten untergebracht ist. Die Heizung und Warmwasserbereitung erfolgt über eine Truma Combi 4 Gas-Heizung. Die autarke Stromversorgung wird von einem 100-W-Solarmodul auf dem Fahrzeugdach und einer 120 Ah-Batterie sichergestellt. Daneben ist eine 230-V Versorgung (mit geschirmten, halogenfreien Kabeln) für einen stationären Aufenthalt verbaut.

Es wurde auf viele weitere Kleinigkeiten geachtet, die zu einem schadstoff- und strahlungsarmen Wohnmobil beitragen. Eine detaillierte Aufzählung würde den Rahmen sprengen. Verzichtet wurde weitgehend auf Materialien, die zu einer Emission von unerwünschten Stoffen beitragen, wie bspw. lösemittelhaltige Kleber, weichmacherhaltige Kunststoffe, Möbelstoffe mit Flammschutzausrüstungen usw. Eine Schadstoffmessung nach Fertigstellung u. a. auf leicht flüchtige Stoffe (VOC) hat die Schadstoffarmut bestätigt. Das Fahrzeuginnere ist gegen externe HF-Strahlung mit Abschirmfolien auf den Fensterinnenseiten weitgehend geschützt. Durch die geschirmten 230-V-Stromleitungen wird die Belastung durch elektrische Felder weitgehend minimiert. Allerdings ist dafür auch eine gute Erdung erforderlich, die leider nicht immer auf Campingplätzen gewährleistet ist. Geringe Probleme hat die außen verbaute Markise anfangs bereitet, die jedoch ihre (Geruchs-)Emissionen schnell verloren hat.

Fazit

Der Ausbau hat etwa ein gutes Jahr in Anspruch genommen und wurde allein gestemmt. Die Kosten beliefen sich auf rund 29.000 € für das Fahrzeug und ca. 19.000 € für den Ausbau. Dafür ist ein individuelles und hochwertig ausgestattetes Fahrzeug entstanden, welches auch von meiner chemikalienempfindlichen Frau sehr gut vertragen wird. So kann der Urlaub gesund und unbeschwert genossen werden.

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  1. Ozonbehandlung ist nicht eine einfache schnelle unkomplizierte Maßnahme, sondern es gibt da einiges zu beachten:

    Ozon (O3) ist hochreaktiv. Es reizt die Atemwege, verursacht Husten, Kopfschmerzen oder Atembeschwerden. Der Schwellenwert, bei dem die Bevölkerung gewarnt wird, liegt bei 180 µg/m3. Dann wird vor körperlicher Anstrengung gewarnt, um eben zu verhindern, dass zusätzliche große Mengen an Ozon eingeatmet werden.

    Werden nun Autos oder Wohnungen mit Ozon behandelt, werden mit Ozongeräten Mengen an Ozon produziert, die tw. im Grammbereich liegen; ein Gramm entspricht 1.000.000 µg/m3. Deshalb darf sich niemand in den Autos/Zimmern aufhalten, während ein Ozongerät läuft! Aber auch > 10 Std nach der Behandlung sollten die entspr. Räume nur kurz zum Fenster öffnen betreten werden. Dann muss über mehrere Stunden gelüftet werden, auch während dieser Zeit darf man sich nicht in diesen Räumen aufhalten. Ozon baut sich mit einer Halbwertzeit von ca. 30 min ab, d.h. alle 30 min sinkt die Konzentration um ca. 50%. Die verbleibenden Restkonzentrationen werden dann hinausgelüftet. ABER: Ozon dringt während der Behandlung in alle Ritzen, Fugen, Polster etc. ein. Und dort kann es deutlich länger dauern, bis sich das Ozon abbaut. Setzt man sich nach z.B. 2 Tagen auf ein Polster (Autositz/Couch), wird durch das Zusammendrücken Ozon rausgedrückt, es riecht nach einem chlorlähnlichen Geruch und die Ozonkonzentration kann noch im Bereich von mehreren 100 µg/m3 liegen. Deshalb raten wir, im Auto in den ersten Tagen nach einer Ozonbehandlung zu Beginn einer Fahrt die Fenster geöffnet zu halten und zwischendurch immer wieder querzulüften! Bei Polstermöbeln die Polster frei aufstellen. Ggf. die Polster im Freien zusammendrücken, um das Restozon rauszudrücken… Der typische Ozongeruch (ähnlich wie im Hallenschwimmbad) vergeht nach mehreren Tagen, für empfindliche Nasen erst nach Wochen.
    Ozon ist andererseits eine baubiologisch empfehlenswerte Behandlungsmethode, denn es hinterlässt keine schädlichen – chemischen – Substanzen.

  2. Ich bin auch gerade dabei, mir einen T5 als kleines Womo, also Wohnmobil umzurüsten. Natürlich holt man sich verschiedene Ideen aus dem Netz und stößt dabei auf verschiedene Foren, Blogs oder Herstellerseiten. Von “gesundem” bzw. “schadstoffarmen” Ausbau liest man dort wenig bis gar nichts. Dämmmaterialen, Sprühkleber, Lacke werden ohne Berücksichtigung der Inhaltsstoffe ausgewählt. Gerade in so einem kleinen Wohnraum, wo teilweise Temperaturen von über 40 °C entstehen, ist die Gefahr der Ausgasung verschiedener Schadstoffe vorprogrammiert…so meine Einschätzung.

  3. Super Sache.
    Mir wäre allerings auch ein schadstoffreies Fahrzeug wichtig.
    Leider werde ich da nicht fündig und jeder Autoverkäufer behauptet, es seien kaum Schadstoffe im Auto.

    • Hallo Silvia,
      leider gibt es keine schadstofffreien Fahrzeuge. Man kann nur versuchen das Basis-Fahrzeug so gering wie möglich ausgestattet zu kaufen. Dafür eigenen sich “nackte” Kastenwagen am besten. Was auch noch hilft bei einem Neufahrzeug ist das gute und ausreichende Auslüften und eventuell auch ozonisieren.

      Was halt so in einem Fahrzeug steckt, sind neben Weichmachern auch VOC (Lösemittel), Flammschutzmittel usw.

      Beim Ausbau hat man dann die Möglichkeit, so schadstoffarm wie wie möglich auszubauen.
      Derzeit bin ich auch noch auf der Suche nach einem baubiologischen Ausbauer, der entsprechend Fahrzeuge ausbauen kann.

      • Im Grundsatz zutreffend, vor Ozonisierung kann ich aus eigener Erfahrung nur warnen: unser Fahrzeug wurde ozonisiertes, und war danach auch nach Wochen nicht mehr benutzbar, ein aggressiver Geruch hing in den Polstern. Ozon ist sehr aggressiv.

      • Zum Thema Ozonieiserung:

        Da Ozon ein stark reizendes Gas ist, sollte die Anwendung im Fahrzeug möglichst kurz sein (ca. 10 min) und dann ausgiebig lüften. Das kann man ein paar mal hintereinander machen. Aber beachten, dass Ozon möglichst nicht eingeamtmet wird, weil es stark schleimhautreizend und lungenschädlich ist.

    • Ergänzend zur Antwort von Volkmar Hintze können wir noch folgende Tipps geben:

      • Gebrauchte Autos kaufen
      • Bevor man sich hineinsetzt, kräftig Querlüften (v.a. bei hohen Temperaturen/Sonne)
      • Lüftung hoch drehen
    • Handwerker, die den Auf- und Ausbau von Wohnkabinen nach baubiologischen Kriterien anbieten, sind uns leider nicht bekannt. Sie können aber die Baubiologischen Beratungsstellen IBN in Ihrer Region, den Autor des Artikels, Volkmar Hintze (die Kontaktdaten der Autor*innen finden Sie in allen Artikeln oben rechts) und auch die Autoren der Artikel zum Thema Tiny House im baubiologie-magazin.de fragen.

  4. Hallo Herr Hintze,
    genau nach solch einem schadstofffreien, strahlungsarmen Wohnmobil wie Sie es haben, das auch noch komplett autark ist, bin ich auf der Suche! Mir ist das sehr sehr wichtig. Aber wenn man bei Verkäufern mit Strahlenbelastung und Schadstoffen anfängt, wird man leider nur belächelt.
    Wissen Sie, ob man sich solch ein Wohnmobil nur bauen lassen kann oder ob es mittlerweile schon Hersteller gibt, die sich genau darauf spezialisiert haben?
    Denn mein Problem ist, dass ich das Wohnmobil schon ab Ende Februar dringend bräuchte und ich leider nicht die Zeit dazu haben, es erst ausbauen zu lassen!
    Ich hoffe so sehr, dass Sie mir helfen bzw Tipps geben können!
    Viele Grüße,
    Anna-Lena Schulz

  5. Hallo,
    wer noch spezielle Fragen zum schadstoffarmen Wohnmobil hat, kann mich auch gern anrufen: 08505-918603
    Gruß
    Volkmar Hintze

  6. Mein Onkel hat sich vor seiner neuen Reise einen Reimo-Camperausbau vorgenommen. Ein schadstoff- und strahlungsarmes Fahrzeug zu bauen, ist auch sein Ziel. Danke für den Tipp, die Stromleitungen in geschirmten und halogenfreien Kabeln zu verbauen.

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