PCB-Sanierung?

In der Schule meiner Tochter wurde festgestellt, dass die dauerelastischen Fugenmassen zwischen Betonteilen PCB enthalten. Da die Schule in wenigen Jahren abgerissen werden soll, wird nun keine Totalsanierung vorgeschlagen, sondern die Versiegelung der Fugen in Kombination mit regelmäßigen Kontrollmessungen. Bitte teilen Sie mir mit, ob eine solche Vorgehensweise zulässig und erfolgversprechend ist und welche Materialien sich zur Versiegelung eignen! Diskutiert wird aktuell eine Versiegelung mit Schellack, Expoxidharz- oder PU-Lack.

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Antwort

PCB (polychloriertes Biphenyl) ist hochgiftig. Deshalb dürfen ausschließlich Fachbetriebe PCB-Sanierungen durchführen, die nach TRGS 524 (Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen) und BGR 128 (Zulassungsurkunde der BG BAU) dafür zugelassen sind.

Zudem empfiehlt es sich, die komplette Sanierung durch erfahrene Fachleute wie z. B. Baubiologische Messtechniker IBN begleiten zu lassen, einmal zur Durchführung laufender Kontrollmessungen, aber auch zur Prüfung, ob auch sog. Sekundärquellen zu entsorgen sind. Sekundärquellen sind Materialien, die produktionsbedingt kein PCB enthalten, es aber adsorbiert haben, wie z. B. Kunststoffe, Lacke und Stäube.

In dem vom IBN empfohlenen Richtwerten des Standard der Baubiologischen Messtechnik SBM werden PCB-Werte im Hausstaub über 2 mg/kg als stark auffällig eingestuft, spätestens bei diesen Werten sollte also zügig saniert werden.

Idealerweise werden im Falle einer PCB-Belastung die Fugenmassen einschl. evtl. vorhandener Hinterfüllmaterialien und zumindest großflächig vorhandene sekundär belasteten Materialien komplett entfernt. Anschließend werden die Fugenflanken mit einem diffusionshemmenden Anstrich beschichtet und durch ungiftige Ersatzprodukte ersetzt. Da die Schule aber in wenigen Jahren abgerissen wird und eine fachgerechte komplette Entfernung aller PCB-belasteter Materialien sehr aufwändig und teuer wäre, ist es legitim zu prüfen, inwieweit eine Abdichtung der Emissionsquellen möglich ist.

Eine Versiegelung der Fugen mit einem Lack halten wir auf keinen Fall für ausreichend. Zum einen könnte man sich dadurch neue toxische Probleme (z. B. Raumluftbelastung durch Lösemittel, VOCs) einhandelt. Zum anderen kann es im Lack bzw. einer anderen Beschichtung zu Rissen oder Abplatzungen etc. kommen und dadurch wieder PCB frei werden.

Falls eine fachgerechte Sanierung nicht erfolgt, sollten die Fugen mit einer dicken Aluminiumfolie (z. B. Valutect) abgedeckt und mit Metallschienen staubdicht – z. B. mit Schrauben – fixiert werden. Um den gewünschten Erfolg zu erreichen, ist sauberes Arbeiten auch an allen Stößen und Ecken einschl. evtl. nötiger Vorarbeiten (z. B. das Herstellen planer Untergründe durch Verspachtelungen) und laufende Kontrolle der Arbeiten Voraussetzung. Alle Details müssen zudem so ausgeführt werden, dass sie hinreichend stabil sind gegen Manipulationsversuche z. B. von Schülern. Ob dieser Ratschlag umsetzbar ist, muss vor Ort von professionellen Fachleuten, wie z. B. Baubiologische Messtechniker IBN, geprüft werden.

Diese Frage beantwortete Ihnen Johannes Schmidt, Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN

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5 Kommentare

  1. Liebe Experten,

    zwar handelt es sich in meinem Fall nicht um Schulen, sondern um Arbeitsplätze, allerdings geht es auch um PCB und die Bewertung, ob Handlungsbedarf besteht.

    Die rechtliche Situation ist unübersichtlich und erscheinen mir z.T. veraltet. So sind z.B. die PCB-Richtlinien in Nordrhein-Westfalen (NRW) (300 bzw. 3.000 ng/m3) bereits sehr alt (1996 / 2003).

    2002 hat das LUA NRW wesentlich geringere PCB-Konzentrationen empfohlen. Dadurch und durch die Änderungen bei der WHO (Senkung des TDI-Wertes ums 50-fache in 2003) und der empfohlenen PCB118-Betrachtung (2007, BGesundheitsBL), frage ich mich, ob die PCB Richtlinien der Bundesländer wirklich noch angewendet werden dürfen und dem Stand der Technik entsprechen.

    Wie stehen Sie dazu?

    Antworten
    • Die von Ihnen beschriebene Lage ist eher eine juristische Frage, als eine fachliche Frage, zudem regional unterschiedlich und komplex, siehe z.B. die Angaben zu den PCP-Grenz- und Orientierungswerten der EGGBI (Europ. Gesellschaft für Gesundes Bauen und Innenraumhygiene).

      Wir werden i.d.R. nicht zur Klärung juristischer Fragen konsultiert, sondern zur Messung vorhandener Schadstoffkonzentrationen und/oder zur Erstellung eines Sanierungskonzeptes samt Kontrollmessungen. Dabei halten wir uns stets an den Grundsatz „Jede Risikoreduzierung ist anzustreben“ und darauf basierend an unseren „Standard der Baubiologischen Messtechnik SBM“ und u.a. auch an die Empfehlungen der AGÖF .

      Konkret zu PCB: Gefahrenstoffe, die erwiesenermaßen krebserregend und/oder mutagen und/oder fruchtschädigend sind, dürften unseres Erachtens gar nicht, auch nicht in geringen Mengen vorkommen; weder in Schulen, Arbeitsplätzen oder privaten Bereichen. Den Ausschluss einer Gefährdung kann nur die Nulltoleranz garantieren, d.h. der Stoff ist gar nicht, auch nicht in geringen Mengen, vorhanden – so hatte auch einst das BfR (Bundesinstitut für Risikoabschätzung) argumentiert.
      Grenzwerte können deshalb auch eine vermeintliche, nicht vorhandene Sicherheit vorgaukeln. Auch der sog. „Sachzwang“ bei Grenzwert-Festlegungen spielt u.E. leider oft eine dominante Rolle, schließlich würden niedrige Grenzwerte ggf. zur Folge haben, dass viele Schulen schließen müssten.
      Leider ist das gewünschte Ziel – die Nulltoleranz – nicht auf die Schnelle, oder gar nicht mehr umsetzbar, da so mancher Schadstoff in unserer Umwelt durch massenhaften Einsatz ubiquitär, also überall vorhanden ist. Dennoch sollten stets alle im jeweils individuellen machbaren Rahmen möglichen Maßnahmen getroffen werden, um eine bestmögliche Reduzierung zu erreichen.

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  2. Etwa 15.000 Schulen in den alten Bundesländern waren in den 1990-er Jahren allein mit dem Schadstoffgemisch PCB belastet, wie Recherchen des ZDF-Magazins „Mit mir nicht“ ergaben. Es handelt sich dabei um Gebäude die zwischen 1960 und 1975 erbaut wurden. Eine ZDF Umfrage aus dem Jahr 2001 bestätigte die PCB- Belastung der 15.000 von insgesamt etwa 45.000 Schulen in den westlichen Bundesländern. https://www.youtube.com/watch?v=_gvxsC9i_vs

    Aus jahrzehntelanger Erfahrung als Fachleiter für Abdichtungstechnik kann ich bestätigen, dass aufgrund der Spannungs- und Setzrisse die sich im Verlauf der Lebenszyklen für Schulen und andere Gebäude ergeben eine luftdichte Abdichtung zu den dauerelastischen Fugenmassen aus PCB zwischen den Betonteilen nicht dauerhaft herstellbar ist.

    Entweder diffundiert das Material durch angerenzende Beton- oder Fertigbauteile oder es ergeben sich sogar Spannungs- und Setzrisse aufgrund der Beweglichkeit der Baukörper im Abdichtungsmaterial – alles andere ist Theorie. Das PCB belastete Material muss komplett raus und könnte mit einem elastischen natürlichen Werkstoff ersetzt werden. Bei manchen belasteten Materialien ist dies vielleicht möglich – Sekundärquellen sind dabei nicht zu unterschätzen.

    Baubiologische Beratungsstelle IBN – Mehr erfahren

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  3. In der Frage steckt nur ein Schadstoff. Häufig sind aber baujahrbedingt mehrere Schadstoffe verbaut worden. Wenn ein Gebäude saniert werden soll, ist immer zu empfehlen, umfassendere Messungen entspr. dem Standard der Baubiologischen Messtechnik zu machen, um weiteren Schadstoffen auf die Spur zu kommen. Zu nenne wären hier vor allem PCP (aus Holzschutzmitteln), PAK (aus bitumenhaltigen Baustoffen) oder Asbest (weich oder fest).

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  4. Wichtige Frage, sehr gute Antwort. Das Thema Schadstoffbelastung in Schulen und öffentlichen Gebäuden – auch bei den jetzt immer häufigen anstehenden Sanierungen der in die Jahre gekommenen Gebäude – kommt bei Planungen zu oft zu kurz. Es muss mehr in den Fokus gerückt werden, welche gesundheitlichen Belastungen durch Gebäudeschadstoffe bei Schüler*innen und Mitarbeiter*innen dadurch entstehen können. Danke für diesen Beitrag!

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