In den ersten beiden Teilen der Serie ging es um energetische Aspekte, Festigkeit und Bauphysik von Lehmbaustoffen.

Lehmsteine als Mauerwerk und Speichermasse

Lehmsteine werden im Holzbau vielfältig eingesetzt, nichttragend als Raumabschluss in Außen- und Innenwänden, meist als Mauerwerk in Lehmmörtel (Abb. 10-11). Gegenüber leichten Dämmstoffausfachungen verbessern sie vor allem in Innenbauteilen die Wärmespeicherung. Im Sommer speichern sie Nachtkühle, im Winter die tagsüber einstrahlende Wärme der tief stehenden Sonne. Die eingebaute Masse verbessert auch den Schallschutz.

Mit der Lehmstapeltechnik lässt sich Masse ohne Baufeuchte in den Bau bringen. Schwere Lehmsteine werden trocken ohne Mörtel in Konstruktionshohlräumen oder Vorsatzschalen aufeinander gestapelt (Abb. 12). Lehmsteine sind leicht zu verarbeiten und der Verschnitt kann eingeweicht als Mörtel oder Füllmasse weiterverwendet werden. Ebenfalls trocken verlegte schwere Deckenauflagen aus Lehmsteinen beziehen die horizontalen Flächen als Speichermasse ein und verbessern den Schallschutz. Alle diese Konstruktionen sind einfach und lärmarm auch wieder zu demontieren und ihre Baustoffe können unversehrt wieder verwendet werden.

(10) Bei der Fachwerksanierung ist die homogene Ausmauerung der Gefache mit Leichtlehmsteinen Stand der Technik. Haus Schneiker, Mörfelden, Schauer+Volhard Architekten BDA
(11) Universeller Einsatz von Leichtlehmmauerwerk in Außen- (und Innenwänden), vorbereitete Lattenkonstruktion für die Innendämmung mit Lehmplatten
(12) Holz-Lehm-Neubau: Außenwände 12 cm Leichtlehm mit Innendämmung, Innenwände mit Lehmsteinen ausgestapelt. Haus J. Darmstadt

Bei der Fachwerksanierung ist Lehmsteinmauerwerk schon heute nicht mehr wegzudenken. Das homogene Lehmgefach hält das Holz trocken. Gelegentlich eindringende Regenfeuchte wird absorbiert und schnell wieder abgegeben. 

Lehmsteine und Lehm-Mauermörtel sind inzwischen DIN-genormt (siehe Infokasten „Lehmproduktnormen“). Für ihre Anwendung gelten die Lehmbau Regeln [Lit. 2].

Innendämmung mit Lehm und Naturfaser

Den vielfältigen Möglichkeiten ist gemeinsam, dass alle Bauteilschichten miteinander hohlraumfrei in Kontakt sind, so dass die kapillare Trocknung nicht unterbrochen wird. Mit nachwachsenden, kapillaraktiven und diffusionsfähigen Dämmstoffen sind verschiedene Systeme möglich. Entweder werden Lehmtrockenbauplatten (s.u.) auf eine fluchtrechte Lattenkonstruktion in wirtschaftlicher Dämmstärke von sechs bis acht Zentimetern befestigt, deren Zwischenräume mit Faser- oder Zellulosedämmstoff in gleicher Dicke vorher gefüllt oder später ausgeblasen werden. Hierbei werden Unebenheiten des Untergrundes ausgeglichen (Abb. 13-16).

(13) Bei der Fachwerksanierung erhält die Innendämmung die äußere Gestalt. Hier Zelluloseeinblasdämmung in einer Bekleidung aus Leichtlehm-Trockenbauplatten (vgl. Abb.14). Sandberghof Darmstadt, Schauer+Volhard Architekten BDA

(14) Innendämmung von Außenwandmauerwerk: 1 Dünnlagen-Innenputz, Leichtlehmplatte (oder Leichtlehmunterputz auf Lattung) | 2 Holzfaser- oder Einblasinnendämmung zwischen Kanthölzern | 3 Bestand-Außenwand: Ziegel-/ Bruchsteinmauerwerk/ Fachwerk
(15) Innendämmung von Außenwandmauerwerk mit Holzfaserdämmung, Bekleidung mit Leichtlehmunterputz auf Lattung (vgl. Abb. 14)
(16) Innendämmung von Fachwerk: 1 (Lehm-) Innenputz | 2 Leichtlehmstein-Mauerwerk | 3 Faserdämmstoff oder Leichtlehmmörtel | 4 Bestand: Fachwerk mit Lehmstein-, Ziegelmauerwerk oder historischer Strohlehmausfachung, Außenputz

Oder es werden Dämmplatten – z.B. aus Holzweichfaser – mit Lehmkleber angegeklebt und mit Dübeln gesichert. Für den flächigen Kontakt werden Unebenheiten vorher mit Lehmputz ausgeglichen. Die Plattenoberflächen können dann mit Lehm- oder Kalkputz oder auch mit einer Lehm-Dünnlagenbeschichtung versehen werden. Bei der Dämmung von Dachschrägen wird ähnlich verfahren (Abb. 17).

lehm teil3 17

(17) Dachausbau mit Lehmtrockenbauplatte: 1 Dünnlagen-Lehmputz | Leichtlehmplatte | 2 Einblasinnendämmung zwischen Sparren | 3 Unterspannbahn, unterlüftete Ziegeldeckung

Beim innen gedämmten Neubau sind aufgrund der gegebenen kapillaren Rücktrocknungsmöglichkeit auch größere Dämmstärken kein Problem. Meist verzichtet werden kann auf Dampfbremsen, die selten baupraktisch einwandfrei einzubauen und von zweifelhafter Dauerhaftigkeit und Funktionsfähigkeit sind, im übrigen auch die Rücktrocknung behindern. Diese einfachen, sich selbst trocken haltenden Konstruktionen haben sich bewährt. Im Zweifel können auch bei Innendämmungen die in Teil II erwähnten hygrothermischen Simulationen angewendet werden.

Trockenbau mit Lehm

Die Entwicklung von Trockenbauplatten aus Lehm ist ein großer Fortschritt. Mit Dicken von zwei bis drei Zentimetern und in handlichen Plattenformaten mit wenig Verschnitt ermöglichen sie es, Wände, Dachschrägen und Decken zu bekleiden. Baufeuchte wird dadurch minimiert.

Die Platten werden auf einer Unterkonstruktion verschraubt. Fugen werden armiert und mit Lehm überspachtelt. Die Fläche ist so eben, dass eine sehr dünne und schnell trocknende Putzschicht ausreicht. Aufwändiges und lärmintensives Schleifen von Gipsfugen entfällt. Auch Lehmplatten sind inzwischen DIN-genormt. Ein Vorteil ist die Weichheit des Materials, die einen hervorragenden Schallschutz ermöglicht.

Leichtlehmplatten mit niedrigem Raumgewicht von circa 700 kg/m³ zeichnen sich durch Oberflächenwärme aus. Sie eignen sich auch und vor allem für die Bekleidung innen gedämmter Außenwände oder für Schallschutzvorsatzschalen.

Lehmplatten können auch in kleineren Formaten und dünner (16 mm) als Trockenputz auf Altbauflächen geklebt werden. Als Kleber dient ebenfalls Lehm. Die neue ebene Fläche wird dünn und schnell trocknend mit Lehm- oder Kalkputz überspachtelt. Das Besondere gegenüber üblichen Bauklebern ist wiederum die Reversibilität von Lehm, das heißt der Kleber kann aufgelöst und wieder genutzt werden. Geschraubte Platten lassen sich leicht wieder ausbauen und an anderer Stelle wiederverwenden.

Brand- und Schallschutz mit Lehm

Lehm ist nicht brennbar, das heißt er kann im Holzbau brandschützende Funktionen übernehmen. Bekleidungen in Form von Platten und Putzen haben mindestens feuerhemmende Eigenschaften. Leider lässt die aktuelle Brandschutznormung Wünsche offen, was die Klassifizierung von Lehmbauteilen betrifft. Aktuelle Forschungen von Liblik, Just und Küppers auf der Lehm2020 vorgestellt, setzten dort an. Bei Bedarf ist der Brandschutz nachzuweisen.

Leichte Holzbauten können sehr hellhörig sein. Mit Gewicht und Masse kann der Schallschutz wesentlich verbessert werden. Die Schalllängsleitung wird gedämpft, indem mit Lehm gefüllte oder bekleidete Holzbauteile daran gehindert werden, in Schwingungen zu geraten und diese im Holzhaus zu verbreiten. Die relative Weichheit von Lehm gegenüber Hartbaustoffen ist hier der besondere Vorteil. Schwingungen können nicht weitergeleitet werden, sondern werden im Material absorbiert. Für die Wärme- und Kühlespeicherung erwünschte schwere Innenbauteile haben wegen des höheren Flächengewichts auch einen guten Schallschutz.

Wasserfest mit Lehm abdichten

Bei genügend Feuchteaufnahme quellen Tonpartikel im Lehm bis zur Wasserdichtigkeit auf. Dies machte man sich schon immer bei Teichabdichtungen, Dammbauten usw. zunutze. Aber auch beim Bau sind horizontale und vertikale Abdichtungen gegen Erdreich gebräuchlich. Kellerwände, Sockelmauerwerk und Böden werden durch eine ca. zwanzig Zentimeter verdichtete Schicht gegen Erdfeuchte, sogar drückendes Wasser abgedichtet. Dabei muss z.B. Altbaumauerwerk nicht einmal verputzt werden und bituminöse Abdichtungen können entfallen. Lehmabdichtungen können heute als Fertigprodukte eingesetzt werden, wie der Beitrag von Michette, Lorenz und Ziegert für die Lehm2020 zeigt.

Lehm ist nicht wasserfest

Lehm als Baustoff ist zwar nicht wasserfest, aber gerade die schnelle Feuchteaufnahme und -abgabe sind besondere Stärken dieses Materials. Sein ultrafeines Gefüge – Endprodukt von Jahrmillionen Gesteinsverwitterung – bewirkt, dass die Bauteile durch kapillaren Feuchtetransport und Diffusionsoffenheit zuverlässig trocken gehalten werden können. Und es ermöglicht einfache, nachhaltige Baukonstruktionen für Neubau und schadenfreie Sanierung. Zur Nachhaltigkeit gehört aber auch, Bauteile gut reparieren, verändern, wiederverwerten zu können und hier gibt es – neben Holz – kaum einen idealeren Baustoff. Lehm und Holz ergänzen sich zu einer beispielhaft umweltfreundlichen und zukunftsweisenden Bauweise.

Dieser Beitrag besteht aus 3 Teilen:

Lehm – der unterschätzte Superbaustoff, Teil I

Potenziale von Lehmbaustoffen im zukunftsfähigen und baubiologischen Holzbau in Verbindung mit Dämmstoffen aus Pflanzenfasern. Geringe Herstellungsenergie, ausreichende Festigkeit und eine Stabilisierung durch Naturfasern führen zu vielseitigen Lehmbaustoffen.

Lehm – der unterschätzte Superbaustoff, Teil II

Ein normaler baulicher Feuchteschutz genügt, um wasserempfindlichen Lehm in unkomplizierte Holzkonstruktionen dauerhaft zu machen. Durch seine einmalige Kapillarität schützt er robust vor Feuchte. Dabei wird seine Sorptionsfähigkeit oft überbewertet.

Gesamt-PDF der Beitragsteile I, II, III

Literaturtipps:

[1a] Bauen mit Leichtlehm. Handbuch für das Bauen mit Holz und Lehm. 9. Auflage, Volhard F., Birkhäuser Verlag, Basel 08/2021

[1b] Light Earth Building, A Handbook for Building with Wood and Earth, Birkhäuser Verlag, Basel 2016

[1c] Construire en Terre Allégée, Actes Sud, Arles 2016

[2] Dachverband Lehm (Hrsg.): Lehmbau Regeln – Begriffe, Baustoffe, Bauteile, 3. Auflage, Vieweg + Teubner Verlage, Wiesbaden 2009  

[3] Lehmausfachungen und Lehmputze – Untersuchungen historischer Strohlehme, Volhard, F., Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2010

[4] Lehm – feucht oder trocken? Lehmbaustoffe und Raumklima. In: Lehm im Innenraum – Eigenschaften, Systeme, Gestaltung., Volhard, F., 2. Auflage, Hrsg. Achim Pilz, IRB Fraunhofer-Verlag, Stuttgart 2012; S. 29 – 36

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