Das kleine Wasserwerk am Rande des schwäbischen Dorfes Uttenweiler stand jahrelang leer, bis es Bruno Maurer kaufen und nachhaltig umbauen konnte. Der Architekt und gelernte Maurer besitzt zwei Altbauten auf dem Nachbargrundstück, die er ansprechend saniert hat; eines dieser Gebäude hat er mit einem Solarluftkollektor ganz eingehüllt und bewohnt es mit seiner Familie selbst. Das andere hat er ebenfalls energetisch und auch ästhetisch saniert. Er vermietet es an Feriengäste, die in seinem Garten Obst, Gemüse und Kräuter ernten dürfen. Auch bei dem als Mauerwerksbau erstellten Wasserwerk wollte er seine Erfahrungen einbringen und zeigen, dass er daraus ein erneuerbar beheiztes „Tiny House“ machen kann. Mit Solardach und -fassade erwärmt es heute Luft und Wasser, mit Holz kann geheizt und gekocht werden, sodass es bestens für das nachfossile Zeitalter gerüstet ist. Mehr zu den energetischen Aspekten gibt es demnächst hier im „baubiologie magazin“.

(1) 1926 wurde das Wasserwerk am Rande des schwäbischen Dorfes Uttenweiler erbaut, bis in die 1960er Jahre genutzt und stand dann 50 Jahre leer
(2) Bruno Maurer baute das Wasserwerk zu einem tiny house um und sanierte seine hübsche Putzfassade sowie die schönen Fenster

Solider Bestand

1926 wurde das Wasserwerk mit Anklängen an den Jugendstil erbaut. Die Fenster erhielten ein radial geteiltes Oberlicht, die Fassade eine Gestaltung in kräftigem Rot, luftigem Blau und Texturen, welche die Farben unterstützen. Nur bis Anfang der 1960er Jahre war das Wasserwerk in Betrieb, dann blieb es ungenutzt und wurde dem Verfall preisgegeben. Einzig das Dach wurde notfalls geflickt. 2016 konnte Bruno Maurer das Häuschen mit nur 25 Quadratmeter Fläche im Erdgeschoss erwerben. Obwohl es gut 50 Jahre leer stand, war es noch relativ gut in Schuss. Allerdings waren Teile des Holztragwerks geschädigt.

(3) Erdgeschoss nach dem Umbau
(4) Dachgeschoss nach dem Umbau
(5) Im Schnitt zeigt sich die neue Dämmung aus Schaumglas für den Sockel, Kerndämmung und Vormauerung für die Fassade und im Dach besonders gut

Authentisches Weiterbauen

Eine marode Dachpfette ersetzte Maurer durch Altholz. Den Dachraum machte er nutzbar, indem er das Sprengwerk höher setzte, sodass heute darunter Bewegungsfreiheit herrscht. Unter dem Dach steht jetzt nur ein schmales Doppelbett. Drei neue Dachfenster belichten den Raum angenehm. Einzig der Balken des Wechsels für das große Dachfenster ist neu, „damit man das auch sieht“, erklärt der Architekt. Für die Erschließung des Dachgeschosses mit einer filigranen Spindeltreppe sägte er ein neues Loch in die Decke. Die Spindeltreppe aus Stahl ließ er auf Maß vom örtlichen Schlosser herstellen. Dort, wo die alte Leiter auf den Dachboden hinauf führte – ungünstig für die gewünschte Wohnnutzung – legte er eine Glasplatte in die ehemalige Bodenöffnung zur akzentuierten natürlichen Belichtung des Eingangs darunter. 

Im Erdgeschoss erhielt er die bestehenden Holzfenster und ertüchtigte sie zu Kastenfenstern, indem er neue Isolierglasfenster mit Holzrahmen vorblendete. Die Blendrahmen sind weiß, die Öffnungsflügel haben die titanblaue Farbe des Putzes. Zwei neue Fenster belichten die Toilette und die Dusche.

Nachhaltige Ästhetik

Nachhaltigkeit ist Bruno Maurer sehr wichtig. Deshalb war sein Ziel maximaler Erhalt, Verwendung mineralischer und Vermeidung umweltgefährdender Baustoffe und Materialien. „Damit das Gebäude eines Tages einfach zurückzubauen ist und dann daraus kein Sondermüll wird“, fasst er zusammen. Nur für den Lufkollektor verwendete er Polycarbonatplatten. „jedoch demontierbar und kann vollständig der Wiederverwertung zugeführt werden“, gibt er zu bedenken. Den Luftkollektor passte er umsichtig ein, so dass er mit dem Bestand harmoniert. Schäden im vorhandenen Terrazzoboden des Erdgeschosses beließ er sichtbar, ergänzte die Fehlstellen mit einer Zementspachtelmasse, schliff ab und ölte den historischen Boden.

(6) Der handwerkliche Kalkputz und die kräftigen Farben beleben den historischen Stil neu
(7) Auf nur 25 Quadratmeter gibt es genug Raum für einen Herd zum Heizen und Kochen. Hinter der Couch, abtrennbar durch Schiebetüren, liegen Pufferspeicher, Toilette und Dusche
(8) Die Dusche umhüllt die Gäste mit glänzendem Tadelakt
(9) Die modern ausgestattete Küche aus Beton goss der Bauherr vor Ort
(10) Liebesnest unter dem Dach, das mit höher gesetztem Sprengwerk und drei neuen Fenstern gut genutzt werden kann
(11) Handwerklich gefertigt ist auch die filigrane Wendeltreppe
(12) Mit seinem Solarluftkollektor für warme Luft und heißes Wasser ist das transformierte Wasserwerk bestens für das nachfossile Zeitalter gerüstet

Baubiologische Materialien

Innen baute er mit Dreischichtplatten aus, die er schwarz strich. Die Küchenarbeitsfläche goss er vor Ort in Beton, spachtelte und ölte die Oberfläche. Die alte Eingangstüre dichtete er ab und doppelte sie innen mit Dreischichtplatten auf. Die Dusche veredelte er mit einem wunderbar schimmernden Tadelakt. Für den Grundputz innen verwendete er Lehm „Er ist so leicht zu verarbeiten“, ist er begeistert, „besser als jeder andere Putz.“ Teilweise legte er Heizleitungen ein, so dass die Wände temperiert sind. Zusammen mit dem Luftkollektor und dem Holzofen lässt sich so ein angenehmes Raumklima schaffen. Ein Lehm-Kalkputz und eine Silikatfarbe vervollständigen den baubiologischen Wandaufbau. Die ästhetische Küche und die schwarzen Holzplatten ergeben im Zusammenspiel mit einem alten Sofa und einem historischen Vollholztisch ein stimmungsvolles Ambiente.

Kunstfertiger Fassadenputz

Für die Außendämmung verwendete Maurer eine mineralische Kerndämmung mit einer Ziegelschale. Der ebenfalls von ihm selbst ausgeführte Fassadenputz ist besonders schön. Auf die mit Perliten gefüllten Ziegel trug er einen spannungsarmen Leichtputz auf. Das zunächst vom Großhändler empfohlene Produkt enthielt Polystyrolzuschläge. „Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich will“, ärgert sich der Planer und ergänzt: „Ich will keinen Kunststoff irgendwo drin haben.“ Deshalb entschied er sich für einen mit Perliten gefüllten Leichtputz. Als Oberputz prägen ein händischer Kellenbewurf und ein Scheibenzug die Fassade. „Der Kellenwurf sieht mit dem Blau wolkig aus. Das passt zum Thema Luft“, beschreibt er die Wirkung. „Der Scheibenzug sieht wie eine Erdschichtung aus.“ Der Wechsel der Strukturen und die Farben lassen die Fassade lebendig wirken und zeigen, dass das Wasserwerk gut gerüstet ist für seine nächsten 90 Jahre.

Baudaten Umnutzung ehemaliges Wasserwerk

AdresseWiesenweg 12, 88524 Uttenweiler
Baujahr1926
Sanierung2018
Architekt und BauherrBruno Maurer
Außenwände (von innen nach außen)Dispersions-Silikatfarbe (Keimfarben) | Kalklehmputz | Lehmputz mit eingebetteten Heizleitungen (Nord-, Südseite) 4 – 8 cm | Mauerwerk Bestand | Kerndämmung KMF 6 cm | perlitegefüllte WDF Vormauerung 8 cm | Leichputz (Perlitezuschlag) | Oberputz händisch bearbeitet | Dispersions-Silikatfarbe (Keimfarben) | U-Wert = 0,22 W/m²K
Sockel und FundamentMauerwerk Bestand | umlaufende Konsole aus Beton | Schaumglasdämmung 12 cm | Zementputz
Fenster Holzfenster einfachverglast Bestand | ergänzt durch Holzfenster mit Isolierglas; Ostseite nach außen öffnende skandinavische Aluminiumfenster mit Isolierglas; Dach Holzfenster mit Isolierglas
Dach (von innen nach außen)Dachsparren | Vollholzschalung | Dampfsperre | Dämmung KMF 26 cm in Lattenkonstruktion | Dampfbremse | Konterlattung und Lattung | wieder verwendete Biberschwanzziegel in Doppeldeckung | U-Wert 0,15 W/m²K
Baubiologische AusbaumaterialienDusche mit Tadelaktputz; vorhandener Terrazzoboden ausgebessert | geschliffen und geölt; Einbaumöbel aus Vollholz-Dreischichtplatten; bestehende Eingangstüre abgedichtet und innen mit Dreischichtplatten aufgedoppelt
regeneratives HeizkonzeptHolzofen, Luftkollektor

Quellen Abbildungen: (1, 3, 4, 5, 8, 11) Bruno Maurer | (2, 6) Achim Pilz | (7, 9, 10, 12) Wolfram Janzer Architekturbilder

Literaturtipps:

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