Baubiologische Beratungsstelle IBN:
Stefan Schön
92355 Velburg
Mehr Infos im baubiologie-verzeichnis.de

Auf Deiner Homepage sind viele ausdrucksstarke Vollholzböden zu entdecken. Wie bist du mit Holz in Kontakt gekommen?

Ich komme aus einer Handwerkerfamilie. Mein Vater war Maurer, meine Brüder Heizungsbauer, Fliesenleger und Automechaniker. Dann hieß es, was brauchen wir noch in der Familie? Einen Schreiner (lacht)! Ich habe dann eine Schreinerlehre gemacht und gleich gemerkt, dass das meine Berufung ist. Ich habe das Glück gehabt, dass ich in der Lehre noch alles gemacht habe: Fenster, Möbel, Türen, Glaserarbeiten. Das war sehr vielseitig und ist mir unwahrscheinlich leicht gefallen.

Was hast du nach der Lehre gearbeitet?

Da war ich kurz Geselle im Fertighausbau. Das war für mich aber eine Enttäuschung. Das Billige und Schnelle war nicht meine Welt. Ich hatte oft das Gefühl, dass eines mit dem anderen nicht zusammenpasst und vieles mehr Problem als Lösung ist.

Ein Bekannter hat mich schließlich gefragt, ob ich den Innenausbau seiner Holzhäuser übernehme. Ich war damals 20 Jahre jung, habe mich selbstständig gemacht und schnell fünf Mitarbeiter gehabt. 

Wie bist du zur Baubiologie gekommen?

1994 ist eine Familie zu mir gekommen, deren 15-jährige Tochter eine sehr starke Hausstauballergie hatte. Auf ärztliche Anordnung musste sie das Wohnumfeld wechseln. Die Familie fragte mich, ob wir auch baubiologisch konsequent bauen können. So bin ich damals zum IBN gekommen und habe die Weiterbildung zum Baubiologen IBN gemacht. Als ich die ersten Kapitel durchgearbeitet hatte, war mir klar, dass ich nie wieder konventionell bauen möchte. Die Baubiologie ist für mich einfach, schön und wahr. Auch ihre Lebensphilosophie hat mich überzeugt. Seit dieser Zeit arbeiten mein Team und ich gerne und konsequent nach den “25Leitlinien der Baubiologie”.

Neben Holz baust du auch mit Lehm. Ist das ein genauso schönes Naturmaterial für dich?

Lehm ist definitiv schön und ergänzt Holz wunderbar. Diese Kombination hat sich schon Jahrhunderte bewährt. Über 700 Jahrealte Fachwerkhäuser sind nur aus Holz und Lehm. Lehm hat einfache und gute Eigenschaften.1995 habe ich meine ersten Holz-Lehm-Häuser gebaut. 

Was ist ein Holz-Lehm-Haus?

Das sind für mich Häuser, die mehr als nur eine Wand mit Lehm haben. Gerne integriere ich verschiedene Lehmbautechniken, damit auch ein nennenswerter Anteil Lehm drinnen ist – mindestens vier Tonnen. Das ist bauphysikalisch unglaublich fehlertolerant und das Raumklima in Bezug auf die Luftfeuchte reguliert sich praktisch fast von selbst. Die relative Luftfeuchte liegt ganzjährig im Wesentlichen zwischen 42 und 46 %, egal ob bei Neubauten oder kompletten Sanierungen.

(1) Durch Röhrenkollektoren und Photovoltaik hat das Haus für fünf Personen und Büro keine Energiekosten
(2) Holz-Lehm-Haus mitten in der Natur mit großem Garten und Biotop

Hast du das gemessen?

Ja, zum einen persönlich, wenn ich Besucherinnen und Besucher durch die Gebäude führe. Und die eine Baufrau oder der andere Bauherr misst per Datenlogger, weil es sie interessiert. Ein Sanierer bei Regensburg war am Anfang sehr skeptisch. Seine Frau war vom Herzen beim Lehm. Er hatte den Lehm eher ‘geduldet’. Im Nachhinein wollte er es messtechnisch nachvollziehen, hat mehrere Hygrometer gekauft, aufgestellt und mir nach zwei Jahren begeistert mitgeteilt, dass das Raumklima unglaublich stabil ist.

An welchen Stellen und wie setzt du Lehm ein?

Meist als Lehmputz, aber auch Stampflehm für Wände und Böden sowie Lehmsteine.

Ein Stampflehmboden im Neubau? In welchen Räumen?

Am häufigsten in der Speisekammer. Aber auch in der Küche haben wir das schon gemacht. Und am Ende geölt und gewachst. Für kleine Flächen verwendet unser Netzwerkpartner oft die Reste der Lehmputze.

Lehm ist ja aus dem Untergrund an die Oberfläche gewandert und zu einem ästhetischen Element geworden. Wie baust du lehmgerecht?

Wir putzen die Außenwände innen mit einem dicken Lehmputz, in den auch die Wandheizung integriert wird. Für uns ist das die wirtschaftlichste Art, die vielen Tonnen Lehm ins Haus zu bringen.

Gestaltest du auch mit Lehm?

Ja, da ist immer mal wieder eine besonders schöne Oberfläche dabei. Wir arbeiten auch verschiedene Naturmaterialien ein, die wir dann durch Filzen der Oberfläche sichtbar machen. Ein schönes Sinneserlebnis.

(3) Die samtige Lehmwand prägt den Wohnraum. Die übrigen Lehmwände sind gestrichen
(4) Auch im übrigen Haus liegen massive Eichendielen, die gut zu den Zimmertüren aus Räuchereiche und den historischen Möbeln der Baufamilie passen

Hast du auch schon Gebäude saniert?

Ja viele, eine alte Mühle zum Beispiel. Das war eine wunderbare Zusammenarbeit mit der Baufamilie. Dort zu wohnen ist für sie heute wie Urlaub.

Was hast du neben deinem Lehmbauer noch für Netzwerkpartner?

Im Prinzip alle Gewerke, die zum kompletten Hausbau dazugehören.

Seid ihr vertraglich verbunden?

Nein, wir sind alle frei und als Interessengemeinschaft organisiert. Unser gemeinsames Interesse ist es, konsequent baubiologische Häuser zu erstellen. Teilweise sind die Kooperationen schon über 20 Jahre gewachsen. Das Messinstrument ist vor allem die Tasse Kaffee, wenn ich meine Baufamilien nach Jahren besuche und sie mir ihre Erfahrung mit Begeisterung mitteilen, aber auch die Hauserlebnisfahrt. Da strengt sich jeder im Netzwerk an.

Hauserlebnisfahrt – ist das eine Art Kundenakquise?

Ich möchte, dass da eine Brücke entsteht, dass man Baubiologie heute in die Gesellschaft bringt. Wir machen Baubiologie erlebbar. Sie lässt sich fühlen, sie lässt sich riechen, sie lässt sich mit allen Sinnen erfahren. Wir schauen uns realisierte Bauten und auch Objekte an, die im Bau sind. Damit die Teilnehmer auch das wahrnehmen, was hinter den Kulissen stattfindet. Das ist ja eine Wahrheit, die da gebaut wird. Die kann man mit allen Sinnen erleben.

Auf deinen Baustellen ist also keine baubiologische “Sünde” zu entdecken, wie etwa Bauschaum oder Holzwerkstoffplatten, die PU-Kleber enthalten?

Nein, definitiv nicht. Ich bin sehr konsequent. Meine Kunden sind begeistert, weil ich eine Klarheit drin habe. Das ist für Bauherren nachvollziehbar und weckt Vertrauen in die Materie.

Stimmt die Chemie mit deinen Bauherren immer?

Toi, toi, toi, zu einem sehr hohen Prozentsatz. Aber es verläuft sich auch mal ein Bauherr zu mir, der es nicht mitträgt, dass Vollholzbalken mal einen Riss bekommen können oder der Lehm ein Risserl. Das kommuniziere ich aber vorher. Ich kann sagen, dass baubiologischen Bauherren nicht nur die Umwelt wichtig ist, sondern auch das Soziale. Sie tolerieren eher das nicht 100 %ig exakte, wie es für handwerkliche Arbeiten eigentlich typisch ist und die Ausführungen erst menschlich und nahbar machen.

(5) Das runde Fenster lässt die Seele aufatmen. Den Boden prägt massive Weißbuche geölt. Der Lehmputz erhielt eine gelblich getönte Sumpfkalkfarbe
(6) Auch Sanierungen wie dieses 35 Jahre alten Haus gewinnen mit Lehm. Hier ist der geölte Boden aus massivem Ulmenholz

Betreibst du neben den Hauserlebnisfahrten weitere Akquise?

Ich halte Vorträge und wir gehen auf regionale Messen und präsentieren uns dort. Und aus dem Internet über meine Homepage kommen auch Anfragen. Schließlich freut es mich sehr, dass es über die Jahre auch viele Empfehlungen gibt. Immer wieder bauen auch die Kinder der Baufamilien von seinerzeit mit uns.

Wie nutzt du die Dienstleistungen des IBN?

Wir beziehen uns auf die 25 Leitlinien der Baubiologie. Und viele im Netzwerk bilden sich weiter über das IBN. Ich fühle mich mit dem Institut verbunden und bin dankbar, für das, was ich bekommen habe. Wir sind Gleichgesinnte mit gleichen Werten.

Was machst du als Baubiologische Beratungsstelle IBN? 

Ich nehme Anrufe unterschiedlicher Art entgegen. Die Anrufer*innen teilen uns ihre Sorgen und Nöte mit, die wir dann im Netzwerk abarbeiten. Man muss nicht alles selbst können, sondern nur wissen, wer was weiß oder machen kann. Die Meisten sind dann unglaublich dankbar.

Vielen Dank für das Interview.

Literaturtipps:

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  1. Ein sehr wahres Interview. Ich kenne Stefan Schön und sein Team persönlich und wenn bauen, dann führt an Stefan, seinen Mannen und n a t ü r l i c h Frau(en) kein Weg vorbei.

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