Das frühklassizistische Gebäude wurde – ebenso wie das Brandenburger Tor – in den Jahren 1789/90 von dem deutschen Architekten Carl Gotthard Langhans erbaut. Es ist das älteste noch erhaltene akademische Lehrgebäude in Berlin. Für den Kuppelbau verwendete er erstmals eine damals neuartige Bohlenbinderkonstruktion. Bei diesem Verfahren, das als Vorläufer der Brettschichtholzträger gesehen werden kann, werden Bohlenlagen im Längsversatz miteinander verdübelt, vernagelt oder verschraubt. So ließen sich besonders bauholzsparende und kostengünstige Dachkonstruktionen umsetzten.

Im Rahmen der Sanierungsarbeiten wurde am Gebäudeein Befall mit Echtem Hausschwamm festgestellt. Eine klassische Sanierung hätte zum Abbruch des Tambourmauerwerkes und der Bohlenbinderkuppel zumindest im unteren Drittel geführt. Das Fresko und die Kuppel wären damit der Nachwelt verloren gegangen.

(1) Anatomisches Theater der Tierarzneischule
(2) Audimax der Humboldt Universität

Die einzig mögliche Sanierungsmethode zum Erhalt der denkmalpflegerisch wertvollen Bausubstanz sowie des Freskos mit figürlichen Darstellungen war die Wärmebehandlung mit Heißluft. Bei diesem seit 2012 auch in der DIN 68800 Teil 4 beschriebenen und genormten Verfahren wird das Pilzmyzel durch Erwärmung der befallenen Bauteile abgetötet. Dabei stellte die Durchwärmung des dicken Mauerwerks (Wandstärke 80 cm) samt eingemauerter Holzkonstruktion eine besondere Herausforderung und einen Meilenstein für objektschonende Behandlungsverfahren im Holzschutz dar.

Niemals zuvor wurde ein solch starkes Mauerwerk mit Heißluft durchgeheizt. Die Planung, Anleitung und Qualitätskontrolle erfolgte durch den auf diesem Gebiet langjährig erfahrenen Sachverständigen für Holzschutz, Herrn Dipl. Architekt Ingo Müller, der mit seinen Überlegungen und seinem ganzheitlichen Denken eine für diesen Einzelfall machbare und optimale Lösung fand.

Zur Festlegung der maximal zulässigenBehandlungstemperatur des Freskos waren Kenntnisse zum Farbaufbau und dessen Wärmeverträglichkeit notwendig. Hierzu wurden vom Restaurator Dr. Raue Voruntersuchungen durchgeführt mit dem Ergebnis, dass die Retuschen am Fresko auf maximal 58 °C erwärmt werden durften. Um Schäden an der Kuppelmalerei sowie ein zu starkes Aufheizen an einigen Stellen zu verhindern, wurden einzelne Bereiche speziell abgedämmt bzw. gekühlt.

(3) Einhausung und Heizluftgerät mit 350 KW Leistung
(4) Thermografische Aufnahme des Heizluftgerätes
(5) Freigelegte Konstruktion der Bohlenbinder-Kuppel
(6) Gezielte Heizluftverteilung unter der Einhausung
(7) Thermografische Aufnahme der Heizluftverteilung
(8) Stark geschädigter Fuß eines Bohlenbinders

Zur Überprüfung der Durchwärmung bis zum Erreichen der Abtötungstemperaturen wurden Messfühler über den Wandquerschnitten eingebaut. In Zeitintervallen von 10 min. fand eine Aufzeichnung der Temperaturdaten mittels Datenloggern statt. Zusätzlich wurden in jeder Gebindeachse Thermometer zur Prüfung der Putztemperaturen des Freskos eingebaut. Diese lieferten Messdaten, welche zur Kontrolle in kurzen Intervallen abgelesen und tabellarisch aufgezeichnet werden konnten.

Zudem kamen, von der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) zur Verfügung gestellte und vom Echten Hauschwamm infizierte und durchwachsene Holzproben zum Einsatz. In sterilen Reagenzgläsern mit atmungsaktiven Stopfen versehen und an verschiedenen Stellen im Mauerwerk eingebaut, dienten diese als prüfbare Referenzen, um den Bekämpfungserfolg sicher zu stellen.

DIN 68800 TEIL 4 – AUSGABEDATUM 2012-02
In dieser Norm sind Maßnahmenzur Bekämpfung eines Befalls durch Holz zerstörende Pilze und Insekten bei verbautem Holz und Holzwerkstoffen festgelegt. Verbaute Hölzer im Sinne dieser Norm sind sowohl tragende, als auch nicht tragende Bauteile. Ihre Anwendung auf andere Bereiche, wie Möbel, Einbauten, Kunstgegenstände und dergleichen, wird empfohlen. Seit 2012 wird als Sonderverfahren das Heißluftverfahren gegen den Hausschwamm genannt.

Das Heißluftverfahren durfte aufgrund des zu schützenden Freskos nur von außen auf das Mauerwerk einwirken. Hierfür wurde die Kuppen von außen mit doppelten Planen (es war Winter) eingehaust. 10 Tage lang wurde ununterbrochen Heißluft mit einer Lufttemperatur von 75 bis 85 °C eingeblasen, um die geforderte Abtötungstemperatur von 55 °C für einen Zeitraum von mindestens 8 Stunden zu erreichen und zu halten. Innen dagegen musste das Fresko mit mobilen Lüftern gekühlt werden.

Die Heißlufterzeugung erfolgte mit einem fahrbaren, heizölbetriebenen Heizluftgerät (350 KW Heizleistung / Luftleistung 12.000 m3/h) und einem heizölbetriebenen Warmluftgerät (150 KW Heizleistung / Luftleistung 8.500 m3/h). In den 10 Tagen Heizzeit wurden insgesamt 5.600 Liter Heizöl verbraucht.

Das Personal für die Überwachung der technischen Geräte arbeitete im Acht-Stunden-Schichtbetrieb. Die abschließende Begutachtung des Zustands der Holzkonstruktion der Kuppel wurde durch Holzschutzsachverständige durchgeführt. Dank der erfolgreichen Heißluftbehandlung konnte die originale Konstruktion ohne Einsatz jeglicher Chemie gerettet werden.

Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Unterstützung von Herrn Dipl.-Ing. Ingo Müller, Architekt und Sachverständiger für Holzschutz aus Berlin erstellt.

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