Lukas Gwerder konnte die gängige Praxis, mit synthetisch hergestellten Baustoffen möglichst kostengünstig und kurzfristig denkend zu arbeiten, nicht länger akzeptieren. Er wollte beweisen, dass es anders geht. So begann er 2011 seine ehrgeizige Vision umzusetzen. Er kombinierte traditionelle Materialien wie Holz und Lehm mit innovativem Handwerk. Für alle herkömmlichen Abläufe, für jedes Problem fand er eine natürliche nachhaltige Lösung und verfolgte seine Vision ohne Kompromisse. Nach einigen Jahren der Recherche und konkreten Arbeit suchte er einen Investor, um das ambitionierte Projekt zu beenden. Urs und Peter Kasper beschlossen mit ihrer Immobilienfirma «Kasper & Sohn Immobilien AG» das Haus zu kaufen und es mit der gleichen Konsequenz fertigzustellen. Dabei sollte Gwerder die Bauleitung übernehmen. Heute stehen die Türen von Haus Eins offen: Sie können es für Ferien, Work-Retreats oder als Zuhause auf Zeit mieten und so ein einzigartiges Wohngefühl inmitten der Natur erleben.

Abgesehen von den gesetzlich vorgeschriebenen Bauteilen lässt sich im Grunde das ganze Haus kompostieren


Lukas Gwerder, Naturschreiner

20.000 Dübel aus Holz

Das Fundament von Haus Eins bildet der Naturkeller, welcher aus dem Aushubmaterial des eigenen Grund und Bodens stammt. Gwerder stapelte einzelne Steinbrocken aufeinander und fixierte jene mit einer eigenen Mörtelmischung. Auf die ebene Mauerkrone setzte er ein mächtiges Gerüst aus Mondholz, welches mit sieben Seilen drei Meter tief im Boden verankert ist, um das Holzgerüst statisch zu sichern. Das Gerüst selbst besteht aus einem komplexen Geflecht aus Balkenlagen und Wänden, welche durch ihr eigenes Gewicht und Steckverbindungen zusammenhalten. 20.000 Dübel aus Holz verstärken die Konstruktion zusätzlich. Schräg angeordnete Balken steifen die Außenwände aus. Innen übernehmen die Aussteifung vertikal laufende Holzplatten. Das Dach ragt an exponierten Stellen über die Fassade. Das Unterdach sowie alle Fassaden sind mit Holz verschindelt. Das Dach wurde dagegen mit Naturschiefer gedeckt. Die Untersicht schützen individuell zugeschnittene und mit einem Drall versehene Lärchenbretter. Alles Handarbeit und ohne einen Tropfen Leim.

(1) Der Eingangsbereich empfängt sie mit von Hand gebrochenem Stein, einem etwa 18 Millionen Jahre alten Bergkristall und der mächtigen Wendeltreppe aus Kiefer und Ulme
(2) Die Elemente der Wendeltreppe halten mit Steckverbindungen, dem Eigengewicht und Schwalbenschwänzen zusammen – ohne einen Tropfen Leim
(3) Die großzügige Wohnküche verbindet maximalen Komfort, verblüffende Details und Gemütlichkeit
(4) Der heimelige Lehmofen hilft mit, das Warmwasser aufzubereiten

In einem Schwung

Die Fassade des Hauses ist mit 60 cm langen Zedernholzschindeln eingepackt, welche sich viermal überlappen. Die Hohlräume des Grundgerüstes füllte der Naturschreiner mit grobfasrigen zähen Hanfmatten, welche schwer entflammbar sind und von Schädlingen gemieden werden. Die weitere Wärmedämmung besteht aus einem Gemisch aus Hanf und gelöschtem Kalk. Das Zusammenspiel der Naturmaterialien funktioniert wie eine Membrane, welche zum einen die frische Luft durchlässt, zum anderen die Wärme im Haus hält. Der Grundgedanke der atmungsaktiven Wärmedämmung setzt sich in den Innenräumen fort: Die Zimmerdecken sind gewölbt, es gibt keine parallel stehenden Wände und alle Winkel sind größer als 90 Grad. Diese Details sorgen für eine freie Zirkulation der Luft und für eine angenehme Akustik. Die meisten Außenwände und Decken sind mit Lehm verputzt, die Innenwände, Dachschrägen und gewölbten Schlafzimmerdecken mit Holz verkleidet. Großzügige Fenster, die nach dem Sonnenstand ausgerichtet sind, lassen viel Licht und Wärme in die Räume. 

Geheizt wird Haus Eins mit einer Luftwärmepumpe. Außerdem steht im Herzen der großzügigen Wohnküche ein Lehmofen, welcher mithilft, das Warmwasser aufzubereiten. Da Strahlungswärme angenehmer empfunden wird als von unten aufsteigende Konvektion, befinden sich die Heizungsrohre nicht im Boden, sondern in den Wänden.

(1) Der großzügige Esstisch ist aus einem einzigen Stück Olivesche gefertigt
(2) Das Lesezimmer ist mit hellem Ahorn und Büchern aus den verschiedensten Bereichen ausgestattet
(3) Auch die Nasszelle ist Natur pur: eine Chromstahlwanne, Stein und Tadelakt für die Beschichtung der Innenwände
(4) Das Lärchenholz des weiten zeltartigenDachstocks ist mit dem japanischen Hobelmesser «Marunaka» verfeinert worden.
(5) Haus Eins ist von einem 3.500 m2 großen Garten mit über 200 verschiedenen Pflanzenarten und Obstbäumen umgeben
(6) Das Unterdach und alle Fassaden sind mit Holz verschindelt, das Dachmit Naturschiefer gedecktund die Untersicht durch individuell zugeschnittene Lärchenbretter geschützt
(7) Im Garten laden individuell gestaltete Oasen zum Verweilen ein,wie die Outdoor-Sauna aus Arvenholz mit Feuerstelle
(8) Abendstimmung im Garten – mobile LED-Laternen leuchten den Weg

Das umfassende Erlebnis

Haus Eins besticht nicht nur mit seinem konsequent natürlichem Grundkonzept. Ausgeklügelte Details verblüffen ebenfalls. Die geschwungene Wendeltreppe, welche die drei Stockwerke miteinander verbindet, konstruierte der Naturschreiner nicht am Computer. Er rechnete mit Stift, Papier und seiner Vorstellungskraft. Das Eigengewicht, Steckverbindungen und gegabelte Schwalbenschwänze – das sind sowohl quer als auch längs formschlüssige Komponenten – verbinden die massiven Grundelemente aus Kiefernholz solide. Das geschwungene Treppengeländer aus zwei Stück Ulme legte der Naturschreiner für drei Wochen im Dorfbach ein, um das Holz anschließend in eine runde Form zu biegen. Alle Zimmer sind mit leimfreien Möbeln und nachhaltig produzierten Stoffen ausgestattet und von Hand gefertigte Keramik stapelt sich in den Regalen der rustikalen Küche. Haus Eins ist außerdem von einem 3.500 m2 großen Garten umgeben. Dort blühen über 200 verschiedene einheimische Pflanzen und Obstbäume. Fische schwimmen in den Badeteichen und zahlreiche Wege führen zum Waldrand. Auf unterschiedlichen Ebenen befinden sich individuelle Oasen: ein Badezuber (Hot Tube) aus heimischer Thermofichte, die Fass-Sauna aus Arvenholz und verschiedene Sitzplätze. Am besten entdecken sie Haus Eins selbst unter www.hauseins.ch.

Baudaten

Projektbezeichnung mit OrtsangabeHaus Eins
Seelisberg, Schweiz
Planersteller / BauleitungNaturschreinerei Gwerder, Lukas Gwerder
Baujahr2019
Wohnfläche240 m2
Außenwände (von außen nach innen)40 mm Fassade mit Zedernschindeln / 30 mm Fichtenholz-Schalung (Nut- und Federprofile) / 100 mm Hanf-Wärmedämmung / 100 mm Vollholz in Fichte und Tanne, mehrheitlich Tanne / 120 mm Hanfkalk-Wärmedämmputz / 15 mm Lehm

Alle Bauteile ohne Oberflächenbehandlung, Leim oder chemische Farbzusätze
Dach (von außen nach innen)Naturschiefer / Holzschindelunterdach / Dämmung aus Hanf/ Verschalung in Lärche
Innenwände23 mm Lärchenholz massiv / 20 mm Lattung / 150 mm Ständerbau in Fichte gefüllt mit Hanf-Wärmedämmung
Decken/Böden (von unten nach oben)15 mm Lehm / 50 mm Schilfmatte / 20 mm Lattung / Hohlraum wegen Wölbung / 170 mm dicker Brettstapelboden aus Fichte / 50 mm Schüttung mit gelöschtem Kalk, Sand, Sägemehl und Späne / 25 mm Massivholzparkett Lärche
FensterFichtenholz unbehandelt /Doppelverglasung
Energetisches Konzept Luftwärmepumpe und Holzfeuerungsofen / In die Wände eingelegte Heizungsrohre = Strahlungswärme und Grundofen 
ElektroinstallationenSämtliche Kabel sind abgeschirmt. LAN-Verkabelung. WLAN kann per Drehknopf ein- und ausgeschaltet werden
LüftungNatürliche Lüftung über Fenster und einen Kamin
Garten3.500 m2 Garten mit über 200 verschiedenen heimischen Pflanzen und Obstbäumen / 2 Schwimmteiche / Sauna mit Holzfeuerungsofen / Badezuber (Hot Tube) mit Holzfeuerungsofen / 2 Sitzplätze
FazitKompromisslose und ganzheitlich ökologische Ausführung. Lediglich die in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben Bauteile wie Wasser- und Elektroinstallationen sind aus Kunststoff. Alle Holzteile ausnahmslos in Mondholz.
• Keine Silikone
• Keine chemischen Farben
• Keine Leime und Kleber

Projektvideo zu Haus Eins

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Quelle/Copyright: sooli.ch

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Literaturtipps:

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  1. Ich fände es schön, wenn man die biologische Bauweise auch bei Gewerbeimmobilien anwenden würde. Dies sollte ganz besonders bei nachhaltig orientierten Betrieben der Fall sein. Dann stimmt das Konzept durch und durch.

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