Als Judith und Tobias Grund ein altes Bauernhaus mit Stadel von 1910 im Kern eines kleinen Dorfes bei Heidenheim entdeckten, waren sie begeistert. Das Haus stand zwar die letzten vierzehn Jahre leer und der Sanierungsbedarf war dementsprechend groß, aber es hatte viel Potenzial. „Da uns das Haus sehr gefallen hat, wollten wir den Charme erhalten und so viel wie möglich von der alten Bausubstanz belassen“, erzählt Tobias Grund. „Dabei sind Nachhaltigkeit und ökologisches Bauen für uns sehr wichtig”. Deshalb entschieden sie sich für eine Strohdämmung zur energetischen Ertüchtigung. Erfahrungen mit der Verarbeitung von Stroh hatte er mit dem Hofladen des Biohof Eselsburg gemacht. Auch dort dämmte er Wände und Dach mit Strohballen. „Der sommerliche Hitzeschutz ist sehr gut“, weiß er von diesem Gebäude.


(1) Das Bauernhaus mit Stadl wurde 1910 gebaut und stand zuletzt 14 Jahre leer
(2) Heute ist das Haus komplett mit Stroh gedämmt und bietet einer fünfköpfigen Familie Platz
Gemahlenes Stroh zum Einblasen




(3) Familie Grund in ihrem neuen Wohnzimmer
(4) Die drei kleinen Kinder teilen sich momentan noch ein gemeinsames Zimmer. Weitere Ausbaureserven werden aktiviert, wenn sie größer sind
(5) Unter dem Boden der Küche fand der Bauherr Lehm, den er mit Sand mischte und für alle Innenputze verwendete
(6) Bauherr Grund hat eigens die Ziegelsteine der Leibungen angefast, um weichere Kanten zu bekommen. Im Bad puffert zudem eine Wand aus Lehmsteinen die Feuchtigkeit
Lehm unterm Küchenboden
Beim Abnehmen des Küchenbodens stieß der Bauherr auf Lehm. Er prüfte ihn und entschied: „Der ist als Baulehm zu verwenden.“ Erfahrungen mit der Verarbeitung von Lehm aus Baugruben hatte er beim Verputzen der Strohballen des Hofladens gemacht. Da sein eigener Lehm sehr trocken war, konnte er ihn direkt sieben und von zu großen Steinen befreien. Dann lagerte er ihn in großen Kanistern. Nachdem er die alten Putze von den Innenwänden abgeschlagen hatte, flexte er noch die Kanten der Fensterlaibungen ab, um die Fenster weich zu rahmen. Zum Verarbeiten mischte er den Lehm mit Wasser und einem scharfkantigen Kalkbrechsand aus dem Nachbarort. Nur für das Treppenhaus verwendete er feineren Sand, um eine glattere Oberfläche zu erhalten. Für den Unterputz mischte er zudem teilweise Strohhäcksel bei. Durch das Stroh wird der Putz plastischer und kann dicker aufgetragen werden. Das ist vor allem auf einer Wandheizung vorteilhaft. Grund spritzte den Stroh-Lehmputz mit einer alten Putzmaschine auf und ließ währenddessen die Wandheizung laufen. So konnte er etwa drei Zentimeter auf einmal auftragen. „Die Mischung mit mehr Stroh hat wunderbar funktioniert“, erinnert er sich. Nach dem Trocknen folgte der Oberputz und als Abschluss eine Lehmfarbe der Firma Kreidezeit.






(7) Die Dichte der Stroh-Einblasdämmung kontrollierte Zimmerermeister Grund durch Bohrlöcher wo immer es ging
(8) Das selbst gemahlen und geschnittene Stroh füllte einen ganzen Anhänger und benötigt keine Plastikverpackung
(9) Das Stroh aus der Mühle ist aufgespleißt und 2 – 3 Zentimeter lang
(10) Eine Unterkonstruktion aus Holzständern belegte Grund mit Holzfaserplatten. Fugen auf dem unebenen Altputz dichtete er mit Strohlehm
(11) Einblick in die Strohdämmung gewährt ein Fenster im Dachgeschoss
(12) Grundriss Erdgeschoss
Ökologisch Leben
Das Haus hat heute im Erdgeschoss einen großzügigen, offenen Koch-Ess-Wohnbereich, Bad, Büro und Heizraum. Nebenan in der ehemaligen Scheune lagern die Hackschnitzel. Im Obergeschoss sind bisher je ein Schlafzimmer für die Eltern und für die drei Kinder ausgebaut sowie ein Bad. Auch das Dach ist schon ausgebaut. Weitere, bisher unsanierte Räume sind Ausbaureserven, wenn die Kinder größer sind. Als Heizung entschied sich Familie Grund für eine gebrauchte Hackschnitzelheizung, die Tobias Grund in einer Schreinerei ausbaute (mehr dazu in einem folgenden Artikel). Sie versorgt Wandheizungen sowie Fußbodenheizung in der Küche und im Bad. In Verbindung mit dem Lehmputz und vielem geölten Holz führt dies zu einem angenehmes Raumklima.
Baudaten
Baufamilie | Judith und Tobias Grund, Giengen |
Planung und Ausführung | Zimmerermeister Tobias Grund |
Baujahr | 1910 |
Umbau/Sanierung | 2020-22 |
Außenwände EG | Kalkputz mit Armierung 1,5 – 2 cm, Holzweichfaserplatte 6 cm, Holzständer 6 x 12 cm, Stroh-Einblasdämmung 12 cm (Dichte ≥ 110 kg/m³), Bestandsmauerwerk 40 cm, Lehmputz mit integrierter Wandheizung 3 – 4 cm, Lehmfarbe |
Außenwände OG | Boden-Deckelschalung Douglasienholz, Konterrahmen 4 x 6 cm, Traglattung (statt Kalkputz), sonst wie EG |
Dach | Recycelte Dachziegel, Hinterlüftungsebene, Holzfaser-Unterdeckplatte 6 cm, Sparren mit Stroh-Einblasdämmung 24 cm, Dampfbremse, Unterkonstruktion Gipskartonplatte, Lehmputz |
Böden | aufbereitete Vollholzdielen geölt, Solnhofener Natursteinplatten |
Zwischendecken | Holzbalkendecken Bestand |
Fenster | Holzfenster mit ZweischeibenverglasungHolzfenster mit Zweischeibenverglasung |
Heizung | Gebrauchte Hackschnitzelheizung Wandheizung in Lehmputz, Fußbodenheizung in Küche und Bädern |
Sonstiges | Naturfarben und Lasuren auf Putzen und Hölzern, Vollholzmöbel, Lehmsteine und Lehmputz im Bad |
Quellen Abbildungen: (1,7,8,12) Tobias Grund | (2,3,4,5,6,9,10,11) Achim Pilz
Danke für dieses schöne Beispiel, wie man mit viel Herzblut, baubiologischem Wissen und Mut zur Umsetzung einen alten Schatz zu neuem, gesundem Leben verhelfen kann. Da “juckt” es gleich wieder in den Händen.
Herzliche Grüße aus Berlin
Michael Bauske