Von 1608 stammen die ältesten Gebäudeteile des Kloster Maria Opferung. Das denkmalgeschützte Kapuzinerinnenkloster von regionaler Bedeutung steht in der Schweiz, oberhalb der Altstadt von Zug. An den vier Hauptfassaden fasste ein körniger Wormserputz verschiedene Bauphasen zusammen. Der gesamte Putzaufbau mit dem Anwurfputz von ca. 1910 haftete jedoch nicht mehr ausreichend und war so schadhaft, dass er komplett abgenommen wurde. Dabei fanden sich auch die erste Farbfassung auf dem Holz der damals unverputzten Fassade von 1608 mit grauen Riegeln und eine von 1744 mit oxidroten Riegeln.

Nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten entschieden sich ein Team aus Gebietsdenkmalpflegerin Anke Köth, Architekt Enzo Cozza von Hegglin Cozza Architekten und Restaurator Josef Ineichen, den Wormserputz von ca. 1910 als Leitfaden für die Fassadensanierung zu nehmen. Auf dieser Basis begannen sie, einen zeitgemäßen Putzaufbau zu entwickeln, welcher die heterogenen Untergründe wieder gut schützt und die Fassaden auch energetisch etwas verbessert.

(1) Das Kloster Maria Opferung, ein Denkmal von regionaler Bedeutung, wurde mit einem Dämmputz und einem original nachgestellten Wormserputz als Deckputz saniert
(2) Westfassade
(3) Die Fassade vor der Sanierung mit 100 Jahre altem Putz
(4) Der Altputz hatte so große Schäden, dass er komplett abgenommen werden musste
(5) Auf dem Fachwerk waren unterschiedliche Putzträger aufgenagelt
(6) Beim Abnehmen des Putzes zeigten sich Farbfassungen von 1608 mit grauen und von 1744 mit oxidroten Riegeln
(7) Fassadenmuster mit Einblick in den Verputzaufbau

Neuer Aufbau

Die abgenommenen Grund- und Deckputze bestanden aus Kalk. Auf dem Fachwerk waren Putzträger wie Schilfrohr, Haselruten Rabitznetz oder Ziegelrabitz aufgenagelt. Die Fenstergewände waren dort aus Holz, auf dem Bruchsteinmauerwerk aus Stein. Eingehend analysiert wurde der alte Putzaufbau mitsamt der Sieblinie des Deckputzes. Dann konnte ein neuer Aufbau aus Putzträger, Dämmputz, Armierung und Deckputz ausgearbeitet werden. „Mit dem Aufbau haben wir etwas komplett Neues gemacht und verschiedene Firmen zusammengefügt,“ erinnert sich der verantwortliche Architekt Enzo Cozza. „Denn das, was wir gesucht haben, gibt es auf dem Markt nicht als System.“

Als Putzträger wählten sie ein gewelltes Metallgitter mit 20 mm Maschenweite von Gima Welnet. Der neue Grundputz sollte besser dämmen als der alte – eine Innendämmung war wegen der zu erhaltenden Täfelung in den Innenräumen ausgeschlossen. Er sollte winddicht sein, mit variierenden Schichtstärken Unebenheiten ausgleichen und schlank an die Gewände anschließen.

Die Fachleute wählten Klimasan W aus, ein rein mineralischer, kapillaraktiver Leichtputz mit Kalkhydrat als Bindemittel und Perliten als Leichtzuschlag. Die minimale Antragsstärke beträgt 25 mm. Das ermöglicht eine optimal plane Angleichung an die unterschiedlichen Ebenen der historischen Gewände. Für die Armierung testete das Team verschiedene Systeme Oberputz/Netz und entschied sich für ein Leinennetz, das gänzlich aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.

Modifiziertes Rezept

Die Rezeptierung des ungestrichenen Wormserputzes war eine Herausforderung. Zum einen musste er farblich stimmen, zum anderen musste er gut aufzuspritzen sein und den hydrophilen Dämmputz schützen. Restaurator Josef Ineichen testete verschiedene Materialien, Zuschlagstoffe und Applikationstechniken und entschied sich, den Rajasil EP WD von Fixit zu modifizieren. Seine Bindemittel sind Weißkalkhydrat und etwas Weißzement. Weitere Bestandteile sind eine Hydrophobierung und feine Quarzkörnungen. Mit gröberen Sanden glich er an die Originalrezeptur an, so dass sich eine Strukturtiefe von 2 – 4 mm und ein farblich helles „Altweiß“ ergaben. „Für das Rezept, haben sie ein bisschen getüftelt,“ so der Architekt, der vom Ergebnis begeistert ist: „Es ist wirklich ein sehr schönes Resultat, das wir da bekommen haben, das dem Original sehr, sehr ähnlich ist. Der Putz hat eine sehr schöne, natürliche Farbigkeit.“

Für den Sockel entschied man sich für Porosan Trass-Zement, Porosan Dichtschlämme und einen zweimaligen Solsilikat-Anstrich mit Soldalit-Arte, alles von Keim.

Herausfordernde Verarbeitung

Mitarbeiter von Urban Fuchs Bau aus Zug führten die Arbeiten aus. Sie entfernten 680 m2 Altputz und reinigten die Oberflächen trocken mit Luftdruck. Dann verfüllten sie die wenigen, großen Fehlstellen mit Stopfmörtel. Instabilen Fugenmörtel festigten sie mit verdünntem Wasserglas. Dann spritzten sie mit dem Dämmputz einen Haftgrund auf. Den Putzträger befestigten sie im Bereich der Fachwerkkonstruktion im Holzwerk, da die Steinausfachungen zu instabil waren und passten ihn präzise an die Gewände an.

Darauf trugen sie den Dämmputz lagenweise nass in nass auf und verzogen ihn. Je nach Untergrund wurde die Schicht 2 – 6 cm stark. Ein Vlies garantierte den Sonnenschutz auch an den wenigen heißen Tagen der Ausführung.

Die Mitarbeiter zogen die letzte Lage ab und arbeiteten sie nach dem Ansteifen am folgenden Tag mit dem Putzhobel an die über 400 Jahre alten Gewände aus Eiche oder Sandstein zurück. Dann erhielt der Putz vier Wochen Zeit, um abzubinden.

Für den Oberputz wässerten sie die Oberflächen mit einem Schlauch. „Da mussten literweise Wasser in die Fassade eingebracht werden,“ gibt Cozza zu bedenken. „Der Klimasan nimmt extrem viel Feuchtigkeit auf. Das war etwas kritisch.“

(8) Der neue rein mineralische, kapillaraktive Dämmputz mit Kalkhydrat als Bindemittel und Perliten als Leichtzuschlag konnte auch als Anwurfputz verwendet werden
(9) Neuer Putzträger ist ein gewelltes Metallgitter. Es wurde in der Fachwerkkonstruktion befestigt und präzise an die Gewände angepasst
(10) Lagenweises Auftragen nass in nass und Verziehen des Dämmputzes
(11) Nach einem Tag Ansteifen war der Putz um die Gewände mit dem Putzhobel zurückgearbeitet worden
(12) Beim Wässern gelangte sehr viel Wasser in den kapillaraktiven Dämmputz
(13) Das Leinennetz ist besonders baubiologisch. Es verliert seine starre Form wenn es nass wird und ist deshalb anspruchsvoll zu verarbeiten
(14) Nach vier Wochen Abbindezeit wurde der Wormserputz maschinell mit Druckluft in drei dünnen Lagen aufgespritzt
(15) Der ungestrichene Wormserputz mit schöner, natürlicher Farbigkeit und einer plastischen Strukturtiefe
(16) Die gelungene Sanierung wurde prämiert

Details mit Leinen

Das Einarbeiten des Leinennetzes von oben nach unten in den Einbettmörtel war eine Herausforderung. „Der Handwerker hat lange getüftelt, bis er einigermaßen vorankam,“ erläutert Cozza. Denn mit Feuchtigkeit verändert das Netz sofort seine Form.

Nach weiteren vier Wochen Abbindezeit spritzten die Handwerker den Wormserputz maschinell mit einem druckluftbetriebenen Spritzgerät in drei dünnen Lagen auf.

Beim Sockel überdeckten sie das Mauerwerk soweit möglich schon unterhalb des Terrains bis auf eine Höhe von 15 cm mit einem Werktrockenmörtel. Ab Terrainniveau dichteten sie das Mauerwerk bis auf 40 cm Höhe mit einer mineralischen Schlämme gegen aufsteigende Feuchtigkeit ab. Die Maler strichen darauf erst eine deckende, dann eine lasierende solsilikatische Farbe ohne Titandioxid.

Damit die über 400 Jahre alten Holzgewände möglichst trocken bleiben, dichtet das Sturzbrett ein Leinengewebe als textiles Dichtband ab. Es liegt in einer Nut an der Fassade an und hält das Regenwasser ab.

Sanierung von Rissen

Nach dem Abschluss der Sanierung 2019 zeigten sich 2020 an wenigen Stellen Risse. Der Wormserputz löste sich etwas ab, wahrscheinlich durch Scherspannungen. Vielleicht war beim Wässern für den Oberputz zu viel Wasser in den Untergrund gelangt. „Wahrscheinlich ist das Fachwerk darunter um wenige Millimeter aufgequollen und jetzt wieder geschwunden,“ vermutet Cozza. Im Herbst 2021 wurde deshalb eine Proberisssanierung durchgeführt, die rund ein Jahr beobachtet wird. Danach könne der Schaden relativ einfach saniert werden, so der Architekt.

Auszeichnung

Immerhin hat der neue Putz 2021 schon ein heftiges Sommergewitter mit horizontal an die Fassade geblasenen Hagel gut überstanden. „Der Wormserputz hat keinen Schaden erlitten,“ berichtet Cozza. „Es gab erstaunlich wenig Spuren.“ Allerdings waren einige Gläser kaputt gegangen, weil die Läden nicht schnell genug geschlossen werden konnten.

„Das Projekt beruht auf einer sorgfältigen Analyse des Bestands und zeugt in der Planung wie in der Ausführung von einer hohen Kompetenz der Beteiligten, mit hohem gestalterischem und materialtechnologischem Können …,“ so die Jury des Schweizer Preis für Putz und Farbe 2021, die der Sanierung Silber verlieh.

Baudaten

Fassadensanierung am Kloster Maria Opferung in Zug

Baujahrab 1608
Sanierungenzuletzt ca. 1910, 2019
Wandaufbauten (von außen nach innen)Wormserputz (Kalk, historisch nachgestellt) dreilagig Rajasil EP WD (Fixit), Leinennetz mit Einbettmörtel, Kalkdämmputz 2 – 6 cm Klimasan W (Klimasan Perlit), Putzträger Metallgitter (Gima Welnet), Bruchstein-, Ziegelmauerwerk bzw. Holzfachwerk, ausgefacht mit Bruchsteinen und Ziegeln, Innenputz, Täfelung
FenstergewändeStein bzw. Holz mit Leinendichtung
PlanungEnzo Cozza, Architekt bei Hegglin Cozza Architekten
RestauratorJosef Ineichen mit Therese Neininger
GebietsdenkmalpflegerinDr. Ing. Anke Köth

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