Bei einer baubiologischen Grundstücksuntersuchung werden elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder (Elektrosmog) sowie weitere Standortfaktoren, wie beispielsweise Abgase aus Industrie und Verkehr, geologische Gegebenheiten und Lärmbelastungen geprüft und bewertet. Die Ergebnisse der Grundstücksuntersuchung sind mit entscheidend für die weitere Planung und fließen in die Materialauswahl ein. Beim Ökoquartier Pfaffenhofen umfasste der Untersuchungsrahmen die gesamte Bandbreite des physikalisch-messtechnischen Bereichs. Insbesondere ging es um die Einflüsse von Hochspannungsleitungen, Bahn, Trafohäusern, Mobilfunk, Radon-Bodengas und Schallemissionen. Diese Themen sind tägliche Fragestellungen in der baubiologischen Analysepraxis. Ungewöhnlich waren bei diesem Projekt aber einerseits die Dimension von 20 Hektar und die Beschaffenheit des Grundstücks – schließlich misst man ja nicht alle Tage über Berg und Tal in einem Naturland-Hopfengarten.

Untersuchungsstrategie

Vor der Angebotsphase galt es die Projektbeteiligten über baubiologische Messtechnik zu informieren und passende Untersuchungsstrategien zu entwickeln. Dazu wurden verschiedene Untersuchungsvarianten mit unterschiedlicher Untersuchungsbreite und -tiefe zusammengestellt, kalkuliert und angeboten. Um ein derart großes Gelände detailreich und geologisch aussagefähig abzubilden, wären sehr viele Stellen zu untersuchen gewesen. Diese engmaschige Erkundung durch vollständige Messprofile kam jedoch leider nicht zur Ausführung. Die Entscheidung fiel statt dessen auf ein breites Untersuchungsspektrum an immerhin 10 repräsentativen Messpunkten. Für die Beurteilung der geologischen Einflussgrößen ist eine solche punktweise Untersuchung allerdings nicht ausreichend. Sie blieb Aufgabe der jeweiligen Bauherren.

Gute Vorbereitung

Topographische und geologische Karten, Senderkataster, Verlauf von Versorgungseinrichtungen … all das wurde recherchiert und diente zusammen mit dem Planentwurf nicht nur zur Wandgestaltung im Büro, sondern wurde zur täglichen Lektüre. Dann standen erste Geländebegehungen an, um die Messpunkte festzulegen und die weitere Vorgehensweise zu planen. Nach einigen Fußkilometern auf dem Gelände wird klar, worauf es bei den Messungen ankommen wird: Optimale Arbeitsvorbereitung durch klar strukturierte Abläufe, geländetaugliche Ausrüstung vom Messtisch bis zur Kleidung, Konzentration und nicht zuletzt körperliche Kondition. Wie immer bei Grundstücksuntersuchungen folgte das Warten auf das richtige Wetter.

(1) Hochfrequenz-Spektralanalyse des gesamten Baugebiets: Detaillierter Überblick über Mobilfunk und weitere Sender
(2) Die Messung elektrischer Wechselfelder zeigt, dass auch die Hochspannungsleitung (s. Mast im Hintergrund) das Baugebiet nicht beeinflusst
(3) Nur durch die Metalldrähte des Hopfengartens gab es Auffälligkeiten. Er wurde später abgebaut
(4) Hopfengarten mit Spanndrähten

Messung vor Ort

So vorbereitet, konnte eine längere Schönwetterphase im November genutzt werden. Der Messtisch mit dem Hochfrequenz-Spektrumanalyser wurde aufgebaut, Antennenmasten aufgestellt, Datenschreiber ausgelegt, Bodengassonden geschlagen, Handmessgeräte ausgepackt, Messprotokolle ausgefüllt und Daten gespeichert … viel zu tun und nur im Team zu schaffen. Armin Rebernig, ein geschätzter Kollege, hat uns tatkräftig unterstützt. Was Klima und Temperaturen angeht, sind Messgeräte weniger anspruchsvoll als die Bediener. Bei vielen Marschkilometern mussten häufig klamme Finger aufgetaut werden. Da lernten auch Messtechniker die Vorteile eines Bauwagens zu schätzen …

Auswertung und Bericht

Nach den kalten Tagen im Gelände ging es zurück ins Büro, um die erfassten Daten aufzubereiten. Denn darum geht es ja letztlich: gewonnene Erkenntnisse zu bewerten und daraus Empfehlungen abzuleiten. Rohdaten in Form von Volt, Impulsen, Mikrowatt oder Becquerel mussten in eine handhabbare Struktur gebracht, übersichtlich dargestellt und nachvollziehbar bewertet werden. Die Ergebnisse zeigten baubiologisch ideale Voraussetzungen für gesundes Wohnen. In den Empfehlungen ging es also darum, diese guten Umweltbedingungen nach der Erschließung und Bebauung ungeschmälert zu erhalten. Im Detail wurden etwa empfohlen: sternförmige Elektroerschließung, abgeschirmte Elektroinstallation im Haus, Verzicht auf Schnurlosanwendungen, bei hohem Schutzanspruch zusätzliche Hochfrequenz-Dämpfung der Gebäudehülle, Reduzierung von Baustahl, Umsicht bei Durchdringungen erdberührter Bauteile und Aufenthaltsräumen im Keller – um nur einige Stichpunkte zu nennen.

Praktische Umsetzung

Im Rahmen der Bauleitplanung wurden Bürgerschaft und öffentliche Träger in den Entwicklungsprozess einbezogen. Ausrichtung und Qualität des Projekts erfuhren breite Zustimmung, der politische Wille nach stärkerer Verdichtung führte zu verkleinerten Parzellen und der Ausweisung von Bereichen für Reihen- und Mehrfamilienhäuser. Viele baubiologische Empfehlungen sind vom Grundstücksentwickler umgesetzt, in der Bauleitplanung festgelegt, bzw. in Form eines Kriterienkataloges verpflichtend an die jeweiligen Erwerber delegiert worden. Zahlreiche Vorgaben, wie halogenfreie und abgeschirmte Elektroinstallation, flächendeckende LAN-Verkabelung (statt WLAN) und natürliche oder zumindest dezentrale Lüftung, sichern den gewünschten Standard. Zusätzlich werden baubegleitende Beratungen angeboten, um die praktische Umsetzung der Ziele zu gewährleisten. Heute ist aus den Plänen Wirklichkeit geworden. Viele Familien wohnen auf dem Gelände – individuell in Einzel-, Reihen- oder Mehrfamilienhäusern. Junge Eltern schätzen das kinderfreundliche Umfeld und den Inklusionskindergarten. Begrünung, Bebauung und soziales Miteinander wachsen. Es ist ein gutes Gefühl, einen kleinen – aber grundlegenden – Beitrag dazu geleistet zu haben.

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  1. Eine Bauplatzuntersuchung finde ich richtig, auch Feng Shui, aber eine geobiologische Untersuchung sollte nicht in Vergessenheit geraten. Geologische Störungen sowie Radon haben einen Einfluss auf unsere Gesundheit.

    • Baubiologie hat einen ganzheitlichen Anspruch – so auch die baubiologische Messtechnik und Umweltanalytik.

      Hier wurde vom Bauherrn das Minimalprogramm beauftragt – dieses war zwar thematisch umfangreich, aber eben im Raster deutlich zu weit, um auch geologische Störungen beurteilen zu können. Darauf habe ich ja auch im Text hingewiesen.
      Das Alternativangebot enthielt eine geobiologische Profilmessung mit Geländefahrzeugen …

      Radon wurde selbstverständlich gemessen, um wertvolle Hinweise zur Gesundheitsvorsorge begründen und illustrieren zu können. Das war im STANDARD DER BAUBIOLOGISCHEN MESSTECHNIK schon damals (2006) als unverzichtbar enthalten.

      Die Historie der Radon-Grenzwerte illustriert übrigens deutlich die Vorreiterrolle der Baubiologie auch in diesem Punkt:
      – 1992 Erster STANDARD DER BAUBIOLOGISCHEN MESSTECHNIK veröffentlicht – Richtwerte für Radon, seither nahezu unverändert gültig (Ziel 20, zumindest < 50 Bq/m³)
      – 1997 Deutsche Fall-Kontroll-Studie
      – 2004 Wissenschaftliche Erkenntnis: Schon 150 Bq/m³ erhöhen nachweislich die Lungenkrebsrate
      – 2005 Bundesregierung bereitet Radonschutzgesetz vor – Zielwert 100 Bq/m³
      – 2005 Eine promovierte Physikerin – der das Wort Radioaktivität offenbar fremd ist – wird Bundeskanzlerin, der Entwurf des Radonschutzgesetzes verschwindet in der Schublade
      – 2013 Der EU-Rat verabschiedet verbindlichen Referenzwert von immerhin 300 Bq/m³
      – 2018 Deutschland setzt in letzter Minute (um nicht EU-strafwürdig zu werden) das Strahlenschutzgesetz in Kraft, geht jedoch nicht über die zwingende Vorgabe hinaus

      Fazit: Wer sich baubiologisch beraten lässt, profitiert auch hier schon ein Vierteljahrhundert früher von der Gesundheitsvorsorge – zudem auch mit anspruchsvolleren Zielwerten.
      Diese sind meistens völlig problemlos zu erreichen – man muss nur wollen …

      Baubiologie ist pragmatisch: Ziel ist das Erreichbare!

  2. Mit einer Bauplatzuntersuchung kann man selbst für die eigene Gesundheit sorgen und die Voraussetzung für eine gesunde Umgebung schaffen. Das ist aktuell besonders wichtig in Zeiten von Allergien, Umweltkrankheiten und den zusätzlichen Belastungen unserer modernen Welt.
    Es ist die zeitgemäße Analyse nach dem heutigen Stand der Wissenschaft und eine weiterentwickelte Facette der traditionellen Technik Feng Shui aus Asien die bereits mit jahrhundertealten einfachem Wissen und Möglichkeiten Kriterien für einen guten Bauplatz auswertete.

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