Am Anfang stand eine Idee: Drei Freunde, die Architektur studierten, beschlossen, gemeinsam mit und für ihre Familien ein Haus in der Bretagne zu bauen. Das Kollektiv, darunter die Architekten Benjamin Jardel und Nicolas Epaillard, deren Büro j+e architectes dieses Gebäude entwarf, wurde am Rande der am Atlantik gelegenen kleinen Stadt Erdeven fündig. Drei benachbarte Grundstücke, bestimmt für drei Einfamilienhäuser, standen zum Verkauf und waren prädestiniert für ihren Plan. Sie kauften die Grundstücke und entwickelten ihr Konzept für eine neue Art des Wohnens. Der Name: „Les Pieds Verts“ – was sinngemäß so viel bedeutet wie „ein Haus mit grünem Fußabdruck“.

Das Projekt ist nachhaltig und innovativ konzipiert, umweltfreundlich, mit geringen CO2-Emissionen, nur aus lokalen Materialien und mit viel Eigenleistung durch die jetzt dort wohnenden Menschen gebaut. Sonne und Tageslicht spielen eine wichtige Rolle beim energetischen Konzept. Sie werden gezielt eingesetzt, um Strom und Heizenergie zu sparen. Mit „Les Pieds Verts“ wollten sich die Architekten bewusst von den sich bei unzähligen neu gebauten Familienhäusern meist wiederholenden Standards traditioneller Ästhetik abgrenzen. Und das ist eindrucksvoll gelungen.

Wohngemeinschaft natürlich und modern

Sie verwirklichten einen Neubau mit vier Einheiten auf 450 Quadratmetern, der aus drei Appartements und einem Gemeinschafts- und Bürobereich besteht. Diese werden jeweils durch Wintergärten voneinander getrennt, die als bioklimatische Gewächshäuser konzipiert sind – ohne Dämmung, aber mit Speichermasse im Boden und der Nordwand. Jedes Einzelhaus hat einen eigenen Garten mit einer individuell gestalteten Terrasse. Große Teile der Vegetation auf dem Grundstück wurden wild belassen. Im Kollektiv nutzen sie einen Teil als Gemüsegarten und eine gemeinsame Waschküche.

Der Bau eines solchen Hauses erforderte in der Planungsphase viel Aufwand. Die Vorschriften in Landschaftsschutzzonen – Erdeven liegt in einer davon – enthalten strenge Regeln für Baukörper und Materialien von Neubauten. j+e architectes konnten die Behörden mit für die Region typischen weißen Wänden und keramischem Dachschiefer sowie den sich gut in die Landschaft einfügenden Holzschindeln und Gründächern von ihrem Entwurf überzeugen.

(1) Ein besonderes Haus für drei Familien: Am Rande der ländlichen Stadt Erdeven in Frankreich setzten Freunde ein nachhaltiges Kollektivprojekt um
(2) Zwischen den drei Wohneinheiten sowie dem Gemeinschafts- und Bürobereich befinden sich bioklimatische, sonnendurchflutete Gewächshäuser, die Wärme puffern und als Wintergärten genutzt werden
(3) Unbehandelte Holzschindeln in der Fassade, ein Gründach und die als Wintergärten genutzten Gewächshäuser prägen das nachhaltige Gesamtbild des Gebäudes, hier von der Nordseite gesehen
(4) Wegen der begrenzten Höhe des Baukörpers und der geforderten Dachneigung von 45 Grad war die Realisierung des zweiten Geschosses nur mit Schrägdach und Dachfenstern möglich
(5) Mit den Dachfenstern im Obergeschoss konnten angenehm helle Räume mit traumhaftem Ausblick in die Natur des Landschaftsschutzgebiets geschaffen werden
(6) An den Wintergarten grenzender Wohnbereich
(7) Zum Wohnbereich offene Küche

Viel Sonnenlicht

Alle vier Einheiten erstrecken sich über zwei Stockwerke. Für den Erhalt der Baugenehmigung galt es, die vorgegebene begrenzte Höhe des Baukörpers zu berücksichtigen und zugleich zwei Geschosse nur unter Einhaltung der langen, geraden, traditionellen Dachform mit obligatorischer Dachneigung von 45 Grad zu realisieren. Das obere Stockwerk musste daher mit Schrägdach verwirklicht werden. Für die Belichtung kamen Dachfenster (von Velux) zum Einsatz, insgesamt elf auf der Nord- und 16 auf der Südseite. „Tageslicht hält uns in ständigem Kontakt mit unserer Umwelt und Sonnenlicht erweckt unsere Architektur zum Leben“, erklärt Architekt und Miteigentümer Jardel.

Beispielhaft nachhaltig

Das natürliche Tageslicht spielt auch bei den als Wintergärten genutzten drei Gewächshäusern eine enorme Rolle. Diese sind mit ihren großen Glasflächen so konzipiert, dass sie die Wärme der Sonnenstrahlung tagsüber in den Wänden speichern, um sie nachts zurückzugeben und so das gesamte Haus erwärmen. Die Nordwände der Klimapuffer sind teilweise massiv, um Wärmeverluste zu vermeiden, während der Rest, einschließlich des Dachs, mit Polycarbonat verkleidet ist. Die Gartenfassaden sind in zwei Elemente unterteilt, die dank beidseitiger Scharniere an heißen Sommertagen aufgeklappt werden können und im Zusammenspiel mit den Dachfenstern für eine natürliche, effektive Luftzirkulation sorgen. Ein duales Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung sowie eine dicke Dämmschicht sorgen im Winter für ein optimales Raumklima. Ebenso war die Verwendung möglichst vieler recycelter Baustoffe oder biologisch abbaubarer Ressourcen Prämisse für das gesamte Haus. Die Fundamente mussten aus Beton gegossen werden, alle anderen tragenden Elemente sind aus Holz. Ein dichter Holzrahmen aus 4,5 x 15 cm Elementen im Abstand von 60 cm trägt eine natürliche Dämmung mit Stroh und Hanf ohne Kunststofffolie zwischen den Schichten. In der mittleren Wohnung ist eine Lehmwandheizung integriert. Die Fassade ist mit unbehandelten Kastanienholzschindeln verkleidet. Gesammeltes Regenwasser bewässert die Gewächshäuser. Und das begrünte Dach bietet Pflanzen und auch Insekten einen zusätzlichen Lebensraum – ökologisches Wohnen auf sprichwörtlich vielen Ebenen. Dabei berücksichtigt es auch die Bedeutung eines gesunden, angenehmen Raumklimas für die Bewohner*innen und ist durch die Planung als gemeinschaftliches Projekt ein für viele Menschen finanzierbares Modell.

 Fotos: (1 – 3 ) Velux / Antoine Mercusot | (4 – 7) Velux / Fanch Galivel

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