ANTWORT

Mit der 2018 verabschiedeten Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU (EED) hat die Europäische Union die Umsetzung einer transparenteren Heizkostenabrechnung beschlossen. Gemäß den Anforderungen der EED sollen Vermieter und Hausverwalter dazu verpflichtet werden, Bewohnern mindestens zweimal jährlich – mit dem Anspruch auf einmal monatlich – Verbrauchsinformationen zur Verfügung zu stellen. Dabei müssen die Zählersysteme zukünftig fernauslesbar sein. Das Ziel der EED ist, Anreize für Energieeinsparungen im Wärmebereich zu setzen.

Neue Heizkostenverordnung

Beim Thema Wärmemengen-Verbrauchszähler (Wasser und Heizung) ist die 2023 novellierte Heizkostenverordnung Grundlage der verpflichtenden Umstellungen. Die Heizkostenverordnung (HKV) gilt in Deutschland für Wohnungen in Häusern mit mindestens zwei vermieteten Einheiten ohne eigenes Heizungssystem.

Die häufigsten Situationen

  1. Der Stromversorger (genauer: der sog. grundzuständige Messstellenbetreiber MSB) will einen digitalen Stromzähler einbauen.
  2. Der örtliche Wasserversorger will einen funkenden Kaltwasserzähler (Hauptzähler) am Hausanschluss einbauen.
  3. Der Vermieter / die Hausverwaltung / Wohneigentümergemeinschaft will moderne Messeinrichtungen mit funkenden Verbrauchszählern einbauen lassen. Hiervon betroffen sind die Warm- und Kaltwasserzähler an den Leitungen in der Wohnung und die Wärmemengenzähler an den Heizkörpern. Nebenbei soll auch die Funktionsüberwachung der vorgeschriebenen Rauchwarnmelder in dieses funkbasierte System miteinbezogen werden.

Zu den genannten Situationen werden i. d. R. folgende Fragen an uns gestellt:

  • Was kommt da auf mich zu – ich will keine (dauer-)funkenden Verbrauchszähler in meinem Haus / Wohnung?
  • Kann ich mich dagegen wehren?
  • Gibt es Alternativen?
  • Gibt es geeignete anwaltliche Vertretungen?
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Smart Metering (zum Vergrößern klicken) | Copyright: diagnose:funk

Grundlagen und Handlungsoptionen

 Zu 1. Stromzähler

Grundlage zum Einbau einer „modernen Messeinrichtung“ ist der Beschluss des Bundestags von 2016 zum Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Wichtig ist hier zu verstehen:

Eine „moderne Messeinrichtung“ ist ein elektronischer Zähler (anstelle des analogen Ferraris-Zählers). Dieser enthält kein Kommunikationsmodul.

Erst mit einem Kommunikationsmodul (dem sog. SmartMeterGateway (SMGW) oder kurz ‘Gateway’) wird die Messeinrichtung als „intelligentes Messsystem“ (Smart Meter) bezeichnet und kann damit die in digitalen Zählern aufgezeichneten Daten an den Betreiber übertragen. Der Zwangseinbau des zusätzlichen Kommunikationsmoduls ist an den Verbrauch gekoppelt und gilt erst ab 6.000 kWh Jahresverbrauch (ein 4 Personen-Haushalt verbraucht zw. 2.600 und 5.000 kWh) oder beim Betrieb Photovoltaikanlage größer 7 kW-peak Nennleistung.

Der Anschlussnutzer muss nach Gesetzeslage den Betrieb dieses Moduls bezahlen – die Preise sind gesetzlich gedeckelt, je nach Verbrauchsmenge.

Als Übertragungsverfahren stehen drei Wege zur Verfügung:

  • Funk (i. d. R. über die Funknetze kommerziellen Mobilfunkbetreiber),
  • Ethernet (festnetzgebundene geschirmte LAN-Kabel, angeschlossen an den wohnungseigenen Router) und
  • nur selten über Powerline Communication. PLC oder auch D-LAN genannt. Die Datenübertragung erfolgt hier mittels aufmodulierten Signalen über das unabgeschirmte Stromnetz.

Als Standardanwendung wählen die Messstellenbetreibern meistens die Nutzung der kommerziellen Mobilfunknetze. Damit wird eine zusätzliche mögl. Fehlerquelle in der Datenübertragung ausgeschaltet – der Endkunde, bei dem evtl. der Router nicht in Betrieb ist oder das Kabel versehentlich beim Kinderspiel oder Putzen gezogen wurden, usw.. Der MSB hat es dadurch nur mit einem professionellen Vertragspartner zu tun.

Was tun bei den neuen Stromzählern?

  • Der Einbau einer „Modernen Messeinrichtung“ kann nicht verweigert werden.
  • Es besteht grundsätzlich die freie Wahl des Anbieters (Messstellenbetreibers).
  • Beim Zwangseinbau eines Kommunikationsmoduls wählen Sie Angebote, die über LAN (Ethernet) angeschlossen werden können. Verweigern Sie die Anwendung von Funkmodulen, bzw. verpflichten Sie den Anbieter auf reine Backup-Systeme ohne „Dauerfunk“ (damit ist die Funkübertragung von Zählerdaten in kurzen Intervallen gemeint).
  • Wenn nur noch Funk angeboten wird, verpflichten Sie den Anbieter auf die nur notwendigen Übertragungsintervalle – max. einmal im Monat. Nur das ist vom Verordnungsgeber vorgeschrieben, um als Endkunde einmal im Monat über den Verbrauch informiert zu werden.

Zu 2. Kaltwasserzähler

Der Hauptwasserzähler einer Immobilie wird in Deutschland, der Schweiz und Österreich immer von einem Monopolisten angeboten (dem örtlichen Wasserversorger, häufig organisiert als überörtlicher Zweckverband mit einer Satzung oder auch privates Unternehmen). Beim Kaltwasserzähler gibt es, anders als beim Stromzähler, keine freie Wahl eines Messstellenbetreibers.

Digitale Verbrauchszähler mit integriertem Funkmodul werden vielerorts zum Standard erklärt. „Dauerfunk“ mit Übertragungsintervallen von 10, 16, 30 oder auch mal 360 Sekunden ist die übliche Einstellung der am Markt angebotenen Geräte (hierfür werden i. d. R. lizenzfreie Funkfrequenzen benutzt, welche im sog. Drive-by-Verfahren ausgelesen werden.)

  • Bei den Funkwasserzählern werden bis zu 2 Millionen Signale im Jahr ausgesandt, um den Zählerstand einmal an einem Tag für die Rechnungsstellung aufzunehmen. Weitergehende Pläne, diese Signale zukünftig über in den Straßenzügen und Stadtteilen fest installierte Empfänger dauernd zu empfangen und damit auslesen zu können, werden von den Systemanbietern bereits vorgeschlagen.

An LAN-Kabel anschließbare Geräte werden für den Endkundenhaushalt nicht angeboten, wären aber grundsätzlich machbar, bzw. stehen i. d. R. nur bei Geräten für Gewerbekunden mit hohen Verbräuchen zur Verfügung.

Nur in Bayern, als einziges Bundesland, gibt es hierzu ein grundsätzliches Widerspruchsrecht gegen den Einbau (bzw. gegen die Aktivierung!) eines Funkmoduls. Andere Bundesländer bleiben faktisch untätig (z. B. Berlin), oder Ministerien geben keine Auskunft und „eiern herum“ mit Verweis auf ihre Nichtzuständigkeit (z. B. Baden-Württemberg), oder zwingen die Hausbesitzer im Schulterschluss mit konformen Datenschutzbeauftragten (z. B. Hessen) zum Einbau solcher Geräte.

Nicht überraschend ist: Dort, wo gut informierte Hausbesitzer*innen ernsthaft den Rechtsweg androhen, werden i. d. R. immer wieder einvernehmliche Lösung gefunden. Sehr wahrscheinlich geschieht das, um ein richterliches Urteil zum Thema Datenschutz und (dauer-)funkende Verbrauchszähler zu vermeiden, so wie es bereits 2017 die große Wohnungsbaugesellschaft ABG Holding in Frankfurt praktiziert hat.

Was tun bei Wasserzählern?

  • Auch hier gilt: Der Einbau einer „modernen Messeinrichtung“ – also ein digitaler Zähler – die z. B. mit Ultraschall oder mittels Magnetfeld die Durchflussmenge misst, kann nicht verweigert werden.
  • Ein integriertes Funkmodul ist zu deaktivieren, wenn es über die abrechnungsrelevanten Zwecke hinaus Daten versenden will (in Bayern kann Funk noch gänzlich abgelehnt werden). Abrechnungsrelevant heißt hier: i. d. R. einmal jährlich und maximal einmal im Monat darf das Modul funktechnisch aktiv sein. Verschickt werden darf auch nur der aktuelle Zählerstand, solange es hierzu keine gesetzliche Grundlage gibt, die – aus welchen Gründen? – mehr erlaubt.

Zu 3. Verbrauchszähler in Miet- und Eigentumswohnungen

In Wohnungen geht es um folgende Messeinrichtungen, die von einer Umrüstung auf funkbasierte Systeme betroffen sind wie es mit der Novelle der Heizkostenverordnung beschlossen wurde:

  • Warm- und Kaltwasserzähler an den Zuleitungen (meist im Bad oder Küche montiert)
  • Wärmemengenzähler an den einzelnen Heizkörpern oder an der Hauptzuleitung

Die Anbieter in Deutschland dürfen mit Erlass der neuen Heizkostenverordnung nur noch sog. interoperable Systeme einbauen. Interoperabel heißt, egal, wer das Haus verwaltet, das beauftragte Unternehmen muss Zugriff auf die (nach der Novellierung der HKV) neu eingebauten Messsysteme haben. Damit soll im Sinne des Verbraucherschutzes der Anbieterwechsel erleichtert und der kostensenkende Wettbewerb unter den Ablesediensten gefördert werden, damit künftig nicht mehr jeder Dienstleister sein eigenes Zählersystem aufbauen kann und damit einen Anbieterwechsel behindert. Die Umstellung bestehender Zähler ist bis Ende 2026 vorgegeben.

Funktionsweise
Die Systeme sind i. d. R. so aufgebaut, dass alle Verbrauchszähler einer Wohnung durch  Fernübertragung, das heißt i. d. R. Funk, ihre Daten an sog. Sammler übertragen (hierfür werden meistens die lizenzfreien Funkfrequenzen bei 433 und 868 MHz benutzt). Das Intervall der Funkimpulse ist je nach Anbieter auf alle 2, 4 oder 15 Minuten eingestellt und faktisch sehr kurz (~ 20 Millisekunden dauert die Funkübertragung). Der Sammler, üblicher Weise im Hausflur montiert, überträgt die Daten dann durch kommerziellen Mobilfunk, spätestens alle 24 Stunden an die Systemanbieter, wo die Hausverwaltungen/Vermieter diese abrufen können. Die Datenübertragung erfolgt hochgradig verschlüsselt.

Was tun bei diesen Angeboten?
Auch hier gilt: Der Einbau einer „modernen Messeinrichtung“, also ein digitaler Zähler und eine Datenübertragung per Funk, kann nicht grundsätzlich verweigert werden, sofern der Hausbesitzer/die Hausverwaltung so ein System gewählt hat. Aber wehren Sie sich gegen die mit dem Datenschutzrecht unvereinbaren Einstellungen bei diesen Systemangeboten. Eine Datenauslese/Datenübertragung in kurzen Intervallen ist per se nicht mit der Datenschutzgrundverordnung vereinbar. Eine Profilbildung, Überwachung und Kontrolle ist hiermit jederzeit möglich (siehe folgenden Infokasten).

Am 5. Januar 2021 entschied das Schweizer Bundesgericht über die Zulässigkeit der periodischen Datenerfassung von Funkwasserzählern der Gemeinde Auenstein im Kanton Aargau. Demnach ist die (in diesem Fall) Wasserverbrauchserfassung über elektronische Zähler nur im „betriebsnotwendigen Rahmen“ zulässig.

  • Verbrauchsdaten sind grundsätzlich persönliche Daten und unterliegen der informationellen Selbstbestimmung.
  • Die Speicherung der Stundenwerte des Wasserverbrauchs während 252 Tagen auf dem Wasserzähler sowie das Aussenden dieser Daten per Funk in kurzen Intervallen, in diesem Fall alle 30 Sekunden, ist unzulässig.
  • Diese Art der Datenerhebung und -verarbeitung ist für den Betrieb und die Abrechnung weder erforderlich noch verhältnismäßig.
  • Egal wie sicher die Systeme vor unbefugtem Zugriff durch Verschlüsselung geschützt sind und wie unwahrscheinlich eine missbräuchliche Nutzung durch die Wasserwerke und ihre Mitarbeiter auch sein mag, ist damit eine Datenerfassung in „unverhältnismäßigen Umfang“ nicht gerechtfertigt.
  • Ein Funkübertragungsmodul kann zulässig sein, wenn der Einsatz verhältnismäßig ist.
  • Damit verbundene Zusatzaufwendungen (Module, Installationskosten, Verarbeitung etc.) kann die Gemeinde als Verursacherin zur Erfüllung datenschutzrechtlicher Verpflichtungen nicht auf die Bürger und Bürgerinnen abwälzen.

Alle im Detail vorgebrachten, bewerteten und abgewiesenen Argumente der Verteidiger alltagsüblicher Einstellungen von Funkzählern, sind auch für die Debatte in Deutschland und anderen europäischen Ländern von Bedeutung.

Die niedersächsische Datenschutzbeauftragte, Barbara Thiel, fordert in ihrem 26. Tätigkeitsbericht vom Mai 2021 den niedersächsischen Gesetzgeber dringend auf, für digitale Wasserzähler eine Gesetzesgrundlage zu schaffen. In unserem Verständnis sind quasi alle z. Zt. am Markt angebotenen Zählersysteme damit illegal.

Es wird Zeit, auch in Deutschland ein wegweisendes Urteil herbeizuführen.

Leicht gekürzte Zweitveröffentlichung

Erstveröffentlichung durch Diagnose-Funk e.V. einschl. weiterführender Links, Vorlagen für Widerspruchsschreiben und Download der Tabelle.

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