Der Bioland-Hof Biotal Eselsburg hat 2019 einen schön gestalteten Hofladen mit einem Bistro fertiggestellt. Er liegt in der Nähe von Heidenheim im Naturschutzgebiet an dem Fluss Brenz. Im Beitrag “Biohof Eselsburg aus regionalen Baumaterialien” haben wir über die Konstruktion mit Baumstützen, das Dämmstroh und den Ausbau mit lokalem Lehm und ästhetischen Hölzern berichtet. 70 % der Baustoffe kommen aus einem Umkreis von 30 km. Den Plan für das besonders nachhaltige Projekt hatten die Architekten Werner Schmidt aus der Schweiz und Margareta Schwarz aus Italien entworfen. Tobias Grund ist der verantwortliche Zimmermann vom Hof, der ihn handwerklich ansprechend umgesetzt hat. Christoph Bosch, ebenfalls vom Hof, ist für Themen wie die Energie zuständig.

(1) Ende 2019 wurde der Hofladen Biotal Eselsburg eröffnet. Der gesamte Lebenszyklus aller verwendeten Bauprodukte ist vorbildlich. Die verbauten Hölzer etwa stammen aus dem eigenen Wald | Bild: Biotal Eselsburg
(2) Der Lehm kommt aus den offenen Baugruben in der Umgebung und wurde vor Ort aufbereitet | Bild: Biotal Eselsburg

Starke Strohdämmung

Die 120 cm dicken Wände bestehen aus dicht gepressten Strohballen und Lehmputz auf beiden Seiten. Auch die Fensterrahmen sind mit Stroh überdämmt. Das gewölbte Zeltdach erhielt 70 cm Stroh und einen Strohlehmschlag. Die Strohhalme liegen parallel zur Dachebene. Die Wärme fließt also quer zum Halm, Voraussetzung für die bestmögliche Wärmedämmwirkung. Der Rahmen des großen Oberlichts ist mit Holzfaserplatten gedämmt. Auf die Strohdämmung wurde hier noch etwas mit leichtem Schaumglas angeböscht. Der Boden erhielt 50 cm Schaumglasschotter.

(3) Die Wände haben eine 120 Zentimeter starke Strohdämmung | Zeichnung: Atelier Schmidt
(4) Das Dach ist mit 70 Zentimeter Stroh und einem Lehmschlag gedämmt | Zeichnung: Atelier Schmidt
(5) Die Wärmebrücke Fensteranschlag ist mit Strohlehm überdämmt | Bild: Biotal Eselsburg

Zwei Photovoltaik-Modultypen

Auch die Energieversorgung sollte möglichst nachhaltig sein. Deshalb erhielt das Dach eine Solaranlage. Vorgabe war, dass die Anlage von unten möglichst unsichtbar ist. „Das ist ja eher ein Naturbau“, betont Ernst-Georg Unseld von der ausführenden Firma Unseld Solartechnik.

Unseld wählte zwei verschiedene Produkte. Zum einen mittig geteilte REC-Module, die unempfindlicher gegen Verschattung sind. Sie liegen Richtung Westsüdwest und Nordnordwest, zum Hof und zum Eingang und liefern 9,44 kWp. Ihre obere und ihre untere Seite ist separat regelbar. Denn ein großer Baum und das gewölbte Dach selbst werfen mitunter Schatten. Die REC-Module haben nach Unseld vergleichsweise die beste Energiebilanz, aber sind nicht lokal gefertigt.

Von AxSun aus dem nahen Laupheim sind die Module Richtung Südsüdwest und Ostnordost. Dafür sind sie leider etwas teurer „Das ist der bessere Platz, da nehmen wir die teureren Module“, erklärt Unseld. Sie liefern 15,81 kWp.

(6) Auf den ebenen Rand des Dachs wurden umlaufend Photovoltaikmodule mit Gewichten aufgelegt. Sie liefern insgesamt 25,25 KWp | Bild: Biotal Eselsburg
(7) Gegen Verschattung unempfindliche, mittig geteilte Module liegen links und unten. In der Nähe gefertigte Module liegen rechts und oben | Bild: Biotal Eselsburg
(8) Wichtig war, dass die Module von der Straße nicht zu sehen sind. Deshalb konnten sie nur zum Rand hin stark abfallend aufgestellt werden | Bild: Biotal Eselsburg

Mehr verfügbare Energie

Christoph Bosch hätte für die Beleuchtung gerne den Gleichstrom der PV-Anlage direkt verwendet. Ideal seien 36 oder 48 V. Aber da alle Produkte ausgeleuchtet werden, ist eine große Leistung nötig, für die die Kabel relativ dick hätten sein müssen. Auch laufen die Produktbeleuchtung alle auf 230 V. „Es fehlt schlicht an der Technik“, bemängelt Bosch. „Es gibt keine Lieferanten.“ Aus diesem Grund ist es einfacher, Wechselstrom zu richten. Solarwechselrichter mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 97,5 % und Batteriewechselrichter mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 96 % und entsprechender Schutzklasse hängen außen unter dem Dachüberstand.

Für die LED-Lichtleisten zwischen den Rundhölzern der Decke wird der Strom wieder transformiert. Ein Batteriespeicher von BMZ mit 2 x 10 kWh erhöht den Eigenstromverbrauch auf 75 %. Zudem vergrößert sie zusammen mit den Modulen die zur Verfügung stehende Energie. „Die Anlage unterstützt nicht nur energietechnisch, sondern auch leistungsmäßig den Hofladen“, erklärt Unseld. „Der Bedarf ist kurzfristig schon ordentlich“ und liegt dann höher, als der Stromanschluss des Hofladens eigentlich ausgelegt ist. Bei einer Garantie von 10 Jahren und 5.000 Vollladezyklen werden sich die 9.000 Euro für die Batterien amortisieren. Der berechnete Jahresertrag der Anlage liegt bei 24.500 kWh, der berechnete Jahresverbrauch des Hofladens bei zirka 85.000 kWh.

(9) Für die Ausleuchtung der biologischen Produkte wird viel Strom benötigt | Bild: Biotal Eselsburg
(10) Eine Besonderheit ist die Kasse mit Warenkarussel ohne Strom | Bild: Achim Pilz
(11) Zwei Solarwechselrichter mit gutem Wirkungsgrad speisen in den Stromkreislauf ein | Bild: Achim Pilz
(12) Zwei Batterien erhöhen den Eigenstromverbrauch und vergrößern mit den Modulen die zur Verfügung stehende Energie | Bild: Biotal Eselsburg
(13) Für jede Phase des Drehstroms speist ein Batteriewechselrichter vom Stromkreislauf die Batterie | Bild: Achim Pilz

Umweltfreundliche Kühlung

Wichtiges Ökologie-Thema ist die Kühlung der Biowaren. Greenpeace etwa begann 1993 FCKW- und FKW-freie Kühlschränke zu produzieren. 2003 schlossen sich große Getränkehersteller in der Gruppe „RefrigerantsNaturally!“ zusammen, um mehr natürliche Kältemittel zu verwenden. Nicht ganz freiwillig. Zunehmend werden klimaschädliche Kältemittel verboten. Nach aktuellen europäischen Verordnungen dürfen langfristig nur noch Kältemittel mit einem Global Warming Potential (GWP = Erderwärmungspotential) kleiner 150 verwendet werden.

Der Hofverkauf benötigt für die große Kühltheke, Kühlregale und Kühlraum einiges an Kälte. Die Wärmetauscher, welche die Kälte produzieren, sind von Kelvin ABT. „Bei diesem Projekt stehen Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Umweltschutz im Vordergrund“, erklärt Thomas Gilbert, Geschäftsführer von Kelvin. „Da konnten wir zeigen was möglich ist.“

Große Discounter machen Werbung, dass sie mit umweltfreundlichem CO2 kühlen. Prinzipiell stimmt, dass CO2 ein GWP von nur 1 hat. Allerdings hat es in der Nutzung keinen guten Wirkungsgrad, da man hohe Drücke benötigt. Das erhöht tagtäglich den Stromverbrauch. „Die Anlagen sind zudem hochkompliziert und kosten in der Anschaffung das 2-3 fache“, rechnet Gilbert vor. Als Kältemittel verwendet er deshalb R1270, Propen, eine brennbares Gas aus Kohlenwasserstoffen. Es besitzt ein GWP von 2-3 und ein Ozonabbaupotenzial (ODP) von 0.

Fokus Sicherheit

Allerdings ist Propen leichtentzündlich. Zur Sicherheit hat Gilbert einiges an Sensorik montiert, etwa Propensensoren rings um die Anlage. „Wir registrieren die geringsten Konzentrationen, weit bevor es kritisch wird“, beruhigt er. Diese Sensoren haben mehrere Schaltstufen und verschicken als erstes eine Warnmeldung, dann schalten sie die Anlage ab, dann sogar stromlos. Dabei werden alle Stromleitungen unterbrochen, so dass keine Funken entstehen können. Automatisch verschickt werden auch Meldungen zu den Temperaturen im Kühlraum und in den Kühlmöbeln.

(14) Über das intuitiv zu verstehende Display ist alles kontrollierbar. Hier wird ein Ventilschaden der Bedientheke mit einem roten Punkt angezeigt | Bild: Kelvin ABT
(15) Maßgefertigte Kälteverbundanlage, die mittels Propen eine -8° C kalte Sole erzeugt | Bild: Kelvin ABT

Rückkühlung mit Brunnenwasser?

Das Kältemittel der Anlage wird rückgekühlt. Geplant war, dazu Brunnenwasser zu verwenden. Vor Ort ist jedoch zu viel Eisen im Wasser, das die Wärmetauscher mit der Zeit geschädigt hätte. „Wir haben dann die Anlage in kurzer Zeit von Wasser- auf Luftkühlung umgebaut“, erinnert sich Gilbert. Im März 2020 ging sie dann in Betrieb. Ihre Abwärme wird permanent für das Brauchwasser verwendet und bei Bedarf für die Heizung.

Geringer Heizbedarf

Die Wärmepumpe der Kühlanlage versorgt auch einen Pufferspeicher für das Brauchwasser sowie einen für Heizung und Torluftschleier. Mit der guten Strohdämmung und den internen Gewinnen von Bistro und Küche mit Kaffeemaschine, Wasserkocher, Kochen und Backen ist ein Zuheizen aber selten nötig. Im wenig kalten Winter 2019/20 etwa wurde gar keine Heizung benötigt. „Wir haben das tatsächlich nicht gebraucht“, erinnert sich Christoph Bosch. Das war auch ein Glück, denn zu dieser Zeit war erst eine provisorische Kälteanlage in Betrieb. Für die Wärmeabgabe an den Raum liegen im Estrich fast 2 Kilometer Schlauch, den die Hofgemeinschaft zweimal je Meter mit einem Kabelbinder auf einem Drahtgitter fixiert hat. Somit ist der Hofladen mit seinen Waren und seiner Energieperformance bestens für den Erhalt und eine Wertschätzung der Umwelt gerüstet.

(16) Im Estrich liegt ein Schlauch zum Heizen und Kühlen | Bild: Biotal Eselsburg
(17) Der Wintergarten kann über die Wände geheizt werden | Bild: Biotal Eselsburg

Energiedaten Hofladen Biotal Eselsburg

Eröffnung2019
Boden477 m² | 50 cm Glasschaumschotter | 30 cm Beton | U = 0,13 W/m²K
Dach592 m² | 5 cm Fichte [ 5 cm Lehmschlag (Leichtlehmmischung aus Lehm und Spänen vom Stämme fräsen) | 70 cm Strohballen | Dampfsperre | Hinterlüftung 10 cm | Substrat im Mittel ca. 10 cm | U = 0,06 W/m²K
Wände373 m² | 5 cm Lehmputz | 120 cm Strohballen | 5 cm Lehmputz | U = 0,04 W/m²K
Fensterbodentief | dreischeibenverglast, Ug = 0,69 W/m²K | Rahmen geöltes Lärchenholz, Uf 1,8 W/m²K | Anschlag überdämmt | Freisinger Fensterbau, A-6341 Ebbs
Energiebezugsfläche477m2
Gebäudevolumen3.700m3
Heizwärmebedarf23,8 kWh/m²a (nach Schweizer Norm SIA 380/1)
PlanungAtelier Werner Schmidt, (CH) Trun; Dr. Arch. Margareta Schwarz, (I) Bozen
KälteerzeugungKelvin ABT GmbH, Günzburg
Photovoltaik-AnlageUnseld Solartechnik GmbH, Westerstetten

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  1. Verstehe die Uw 1,8W/m2K bei den bodentiefen , dreifachverglasten Fenstern mit Ug 0,69W/m2K nicht.

    Sonst grosse Klasse, wurden die Strohballen extra gepresst, nach wel chen Spezifikationen, wie habt ihr das Lambda angesetzt,

    • Die verwendeten bodentiefen Fenster haben einen Ug-Wert von 0,69 W/m2K und einen Uf-Wert von 1,8 W/m2K. Das “g” steht für “glazing” (also für die Verglasung), das “f” für “frame” (also die Fensterrahmen).
      Normalerweise werden die Strohballen nicht extra gepresst, sondern sie entstehen im Rahmen der üblichen Getreideernte in Kooperation mit Landwirten, die entspr. der Strohbaurichtlinie arbeiten. Gemäß der darin enthaltenen ETA-17/0247 hat das zugelassene Bauprodukt “Baustroh” eine Wärmeleitfähigkeit von 0,049 W/mK.

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