In alter Tradition entsteht immer wieder Neues. Das beweist die Benediktinerabtei Plankstetten, gelegen bei Neumarkt in der Oberpfalz, schon seit Jahrhunderten. Sie ist ein herausragendes Zeugnis abendländischer Klosterbaukunst mit romanischer Klosterkirche und barocker Klosteranlage, stabil aus Stein gebaut. 1129 als bischöfliches Eigenkloster gegründet, 1806 säkularisiert, ist das Kloster nach 100 Jahren Leerstand seit 1904 wieder Benediktinerabtei, heute mit katholischer Pfarrkirche. Die im Kern romanische Anlage wurde baulich oft verändert, und auch ihre Nutzungsschwerpunkte änderten sich immer wieder – so gab es etwa ein Brauereigebäude, in dem man fast 500 Jahre lang Klosterbiere braute. Heute lautet das Motto des Klosters: „Leben im Einklang mit der Schöpfung Gottes und aus dem Ursprung“, und die Mönche konkretisieren: „Der Boden ist der Ursprung, aus dem wir leben.“ Ihr Ziel ist, den Boden und die anderen natürlichen Ressourcen zu erhalten und zu pflegen. Ein gesunder Boden ist die Grundlage für ihre Landwirtschaft und Gärtnerei. Deshalb bewirtschaften die Mönche ihn nach den Richtlinien von Bioland. Aus den Bio-Erzeugnissen stellen sie in der klostereigenen Bäckerei, Imkerei, Metzgerei und Brennerei frische Produkte in bester Qualität her, ohne Konservierungsstoffe und andere chemische Zusätze. Auch ein sorgsamer Umgang mit Energie gehört für sie zum Leben in Einklang mit der Schöpfung. So heizen sie überwiegend mit umweltverträglichen Hackschnitzeln aus dem klostereigenen Wald und kühlen die Kälteaggregate der Kühlgeräte mit Quellwasser. Und eine riesige Zisterne speichert 500.000 Liter Regenwasser. Das entlastet die Trinkwasserproduktion.

Der Klimaerhitzung etwas entgegenbauen

So verwundert es nicht, dass im Kloster heute vorrangig umweltfreundliche Baustoffe zum Einsatz kommen. Die Mönche setzen zunehmend auf nachwachsende Rohstoffe, weil diese dazu beitragen, die Klimaerhitzung zu bremsen: Nachwachsende Rohstoffe binden Kohlendioxid (CO2) über den gesamten Nutzungszeitraum hinweg. Zum Beispiel kann ein Kubikmeter Nadelholz rund 918 Kilogramm CO2 speichern. In ihrem Lebenszyklus – also bei Herstellung, Nutzung, Rückbau und Weiternutzung, alles möglichst lokal – benötigen sie wenig Energie, man spricht deshalb von einer guten Ökobilanz oder guten Umweltleistung. Solche Rohstoffe lassen sich nach ihrer Nutzungszeit in der Regel auf einfache Weise wiederverwenden und es entsteht kein Problemmüll. Außerdem sind die Kosten nachwachsender Rohstoffe, über ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet, niedriger als bei anderen Baustoffen. Und nicht zuletzt schaffen sie Arbeitsplätze und eignen sich zum handwerklichen Bauen. Aus diesen Gründen wird im Kloster auch heute noch viel mit Holz auf traditionelle Art und Weise gebaut – es gehört zu unserer Baukultur. 

Stroh hält warm

Holz ist aber nicht das Ende der ökologischen Fahnenstange: Die Ökobilanz von Stroh ist noch besser. Mit der Energie, die für die Herstellung eines konventionellen Massivbaus benötigt wird, kann man einen Strohbau nicht nur errichten, sondern auch 69 Jahre lang beheizen (nachzulesen bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.). Das regional verfügbare Nebenprodukt des Getreideanbaus ist in Deutschland erst seit 2006 als Baustoff zugelassen, mittlerweile bauaufsichtlich geregelt und inzwischen gefragt wie nie, vor allem zur Wärmedämmung. In Frankreich ist man schon weiter – dort gibt es heute ca. 3.000 öffentliche und private Gebäude mit Stroh, darunter ein achtgeschossiges Wohnhaus, etliche Kindergärten und Schulen. Im übrigen Europa zählt man mittlerweile über 1.200 Gebäude (auf einer Karte dargestellt), auch dort werden es immer mehr. Und hier wie dort gilt: 

Aber bitte aus der Region!

Wachsen Holz und Stroh in heimischer Land- und Forstwirtschaft, werden vor Ort weiterverarbeitet und verbraucht, ist die damit zusammenhängende Wertschöpfung lokal und kann neue Arbeitsplätze schaffen. Dasselbe gilt auch für Lehm – ein Baustoff, der schon deshalb traditionell aus der Region verwendet wird, weil es ihn überall gibt. Lehm ist sehr einfach zu verarbeiten, seit jeher hält er in Fachwerkhäusern das Holz trocken. Damit er auch unter heutigen Anforderungen verwendet werden kann, gibt es seit 2018 neue Anwendungs- und Produktnormen – ein eindeutiges, quasi festgeschriebenes Zeichen für seine Renaissance. Heute schätzt man an diesem Baustoff nicht nur, dass er das Raumklima verbessert, sondern auch seine mineralische Farbigkeit. Sie wird als besonders ästhetisch wahrgenommen. 

Auf dem Weg zum erneuerbaren Kloster

Zurück nach Plankstetten: Während im historischen Kloster lediglich das imposante Dach aus Holz konstruiert war, gehen die Mönche inzwischen mutig einen konsequenten Weg in Richtung erneuerbar. Für den Einsatz von möglichst vielen erneuerbaren und gesunden Materialien ließen sie sich fachkundig beraten. Mit Unterstützung des Baubiologen IBN Ulrich Bauer von „natürlich-baubio-logisch GmbH“ planten sie die Generalsanierung der Bestandsdächer. Sie entschieden sich für baubiologische Holzfasermatten mit einer Stützfaser aus Maisstärke, um die Dächer zu dämmen. Das Holzprodukt ist zu 100 Prozent abbaubar und enthält keinerlei Zusatzstoffe aus der petrochemischen Industrie. Um die Kanäle im Technikbereich zu dämmen, wählten sie Hanffasern. Auch Biodiversität ist den Mönchen wichtig. Bis zu 1.000 Fledermäuse wohnen in den Dächern des Klosters, eine sehr große Fledermauspopulation, die bei der Sanierung bestmöglich geschützt wurde. Der Zimmerermeister arbeitete dazu mit dem örtlichen Fledermausbeauftragten zusammen. Die neuen Dächer erhielten sogenannte Hangplätze und Einflugöffnungen.

(1) Die Benediktinerabtei Plankstetten ist fast 900 Jahre alt. Jüngst erhielt sie einen Neubau aus erneuerbaren Baumaterialien
(2) Seit über 20 Jahren bewirtschaften die Mönche das Land und die Gärtnerei nach den Bioland-Richtlinien und verarbeiteten nun auch das Stroh des Getreides zu Dämmstoff für ihren Neubau
(3) Vor dem Eingang des Klosters steht das Modell des innovativen Wandaufbaus. Es zeigt auch die Dämmung mit Strohballen, die keinen Müll produziert
(4) Haus St. Wunibald beherbergt eine Kita, 30 baubiologische Gästezimmer und Räume für die Verwaltung. Auch die Fassadenverschalung kommt vom eigenen Land aus dem nahen Klosterforst

Haus St. Wunibald: am konsequentesten nachhaltig

Beim Erweiterungsbau St. Wunibald, dem jüngsten Projekt des Klosters, haben die Mönche das Nachhaltigkeitsziel am konsequentesten verfolgt. Für einen Kindergarten, 30 Einzelzimmer mit Dusche/WC für Gäste und weiteren Räumen für die Pfarrverwaltung kamen – soweit baukonstruktiv möglich – ausschließlich CO2-neutrale Baustoffe möglichst aus der eigenen Land- und Forstwirtschaft zum Einsatz: Holz, Stroh und Hanf, ergänzt durch Lehm. Außenwände und Dach errichteten die Mitarbeiter der nahen Zimmerei Holzbau Bogner aus Holzrahmen, in die sie Strohballen pressten. Um das viele Stroh zu lagern, ergänzten sie drei bestehende Hallen eigens um ein geliehenes Bierzelt. Insgesamt gibt es in dem Neubau 100 mit Stroh gefüllte Wandelemente, 30 strohgefüllte Dachelemente und 25 Massivholz-Deckenelemente. Für diese Strohdämmung kamen insgesamt 2.500 Strohballen von den nur 1,5 Kilometer entfernten Feldern des Klosters zum Einsatz. Eine mobile Strohpresse der österreichischen Firma Sonnenklee hat das Stroh entstaubt, geformt und verdichtet. Anschließend prüfte die Firma Baustroh die Ballen auf ihre Eignung als Baustoff. Mit drei strohgedämmten Geschossen ist das Gebäude das größte seiner Art in Süddeutschland. Als Partner im europäischen Forschungs-Projekt „UP-Straw“, das mit sieben Millionen Euro ausgestattet war, ist der Bau auch bestens dokumentiert.

Balken an Balken

Die Bäume für das Holz der Fassadenschalung, der Fußböden und der Decken wurden im eigenen Klosterwald geschlagen und im nahen Sägewerk zugesägt. Bewusst maschinell wenig bearbeitet wurden die Baumstämme für die nebeneinanderliegend eingebauten Deckenbalken – diese Technik, „Mann an Mann“ genannt, ist leimfrei, besonders ökologisch und zeigt eine sehr schöne Untersicht. Hanf dämmt im gesamten Gebäude die Zwischenwände und garantiert den Schallschutz. Die Fassadenschalung ist mit einer ökologischen Leinölfarbe gestrichen, die „Steinmeyer Naturfarben“ aus Oberbayern eigens dafür von Hand gemischt haben. Das Holz für die Böden wurde mit einer Lauge behandelt; das verstärkt die naturnahe Ästhetik der Holzböden und den holzeigenen guten Geruch. Schon auf der Baustelle roch es angenehm nach Holz.

Lehm multifunktional

Für ein gesundes und angenehmes Raumklima erhielten die Innenwände der Gästezimmer einen dicken Lehmputz. Die samtige Lehmoberfläche und ihre hell-erdige, beruhigende Farbe passt sehr gut zum schöpfungsspirituellen Ansatz des Klosters. Hinzu kommt ein ganz praktischer Nutzen: Direkt auf das Stroh geputzt, erfüllt der Lehm als nicht brennbare Schicht den geforderten Brandschutz. Eine Gipsfaserplatte schützt die Fassade von außen vor Feuer. Lediglich die Flucht- und Rettungswege mussten aus Beton bzw. Gipskartonwänden mit nicht brennbaren Dämmstoffen gebaut werden.

(5) Insgesamt 2.500 Strohballen von den 1,5 Kilometer nahen Feldern bringen Wand und Dach auf höchsten Dämmstandard
(6) Innen ist die Außenwand direkt mit Lehm verputzt
(7) Die kaum bearbeiteten Balken der Decke verleihen den Zimmern Stabilität und passen gut zum Lehm
(8) In jedem Gästezimmer gibt es einen Einblick in die mit Stroh gedämmte Innenwand

Ein Nachhaltigkeits-Vorzeigehaus 

Alles in allem hat das Haus St. Wunibald Bestnoten verdient. Zu diesem Schluss kommt man auch beim Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN in Rosenheim. Dessen Leiter Winfried Schneider hebt hervor, dass man in Plankstetten konsequent auf erneuerbare Baumaterialien gesetzt, so gut es ging auf Handwerker aus der Region zurückgegriffen und zur fachlichen Beratung einen erfahrenen Baubiologen hinzugezogen hat. „Alle können von diesem beispielgebenden, weil zukunftsweisenden Projekt profitieren“, meint Schneider: „Das Kloster durch einen geringen Energieverbrauch und den kostensenkenden Einsatz von Baustoffen aus der eigenen Land- und Forstwirtschaft. Die Region durch den Einsatz regionaler Handwerker und eine Wertschöpfung vor Ort, samt Schaffung weiterer Arbeitsplätze. Und die Nutzer durch Räumlichkeiten, die ihre Gesundheit unterstützen und in denen sie sich wohlfühlen.“ Vorbildlich findet Schneider zudem die Grundhaltung des Klosters, ein Gebäude zu errichten, das zur Erhaltung der Schöpfung beitragen soll. 

Das Haus St. Wunibald besticht nicht nur mit seiner Wohlfühlatmosphäre, sondern wirkt auch darüber hinaus inspirierend. So verkündet Ludwig Eisenreich, Bürgermeister der Stadt Berching, zu der das Kloster gehört: „Es ist ein Vorzeigeobjekt!“ Und stellt in Aussicht, eines der nächsten öffentlichen Gebäude in seiner Gemeinde in derselben Bauweise zu planen. Beim HolzbauPlus Preis 2022/23 wurde es Preisträger der Sonderkategorie „Recyclingkonzepte mit Naturbaustoffen“.

(9) Die Hülle der neuen Gästezimmer ist aus Baumaterialien vom Acker. Die Innenwände sind mit Lehm verputzt
(10) Der Lehm übernimmt den Brandschutz und erzeugt ein besonders gesundes Raumklima

Baudaten

Haus St. Wunibald, Benediktinerabtei Plankstetten, Klosterplatz 1, Berching

Architekturbürohirner & riehl architekten
Nutzfläche1.555 m²
BauweiseHolz-Stroh-Lehm-Hybridbauweise mit Passivhausstandard
Holzaus dem eigenen Wald für Fassade, Parkett, Decken
Stroh300 m³ bio | Ernte 1,5 km entfernt | mobil gepresst
Lehmfür 39 Räume | insgesamt 540 m²
Außenwand (von innen nach außen)Lehmputz zweilagig mit Armierung | direkt auf Strohballen geputzt | Holzständerkonstruktion aus vorgefertigten Elementen | Gipsfaserplatte | Holzfaserdämmung | Fassadenbahn | Hinterlüftung | Holzverschalung | Leinölfarbe
DeckenelementeHolz-Beton-Hybrid | Breite 5,5 m, Länge 10 m; Mann an Mann leimfrei mit Hartholzdübeln und 3 Spannstählen verbunden

Quellen Fotos: (5, 6) Lorenz Märtl | (1, 2, 4,5, 8 – 10) Kloster Plankstetten | (3) Achim Pilz | (7) Winfried Schneider


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