Dank „Eco“ alles o.k.? Früher waren alle DECT-Schurlostelefone Dauerstrahler mit hohen Strahlungsstärken. Werden die Nutzer nun tatsächlich weniger belastet? Und was strahlt weniger, Basisstation, Mobilteil oder beide? Die Zeitschrift „Ökotest“ bewertet inzwischen viele Geräte mit „befriedigend“. Kann dies aus baubiologischer Sicht wirklich befriedigen?
Seit etwa 25 Jahren gibt es nun den DECT-Standard zum schnurlosen Telefonieren innerhalb von Gebäuden, mittlerweile findet man in fast jedem Haushalt solche Geräte. Schon seit Anbeginn warnen Baubiologen vor gesundheitlichen Risiken, insbesondere wegen drei Eigenschaften der kleinen Funksysteme:
- Es wird meist permanent gestrahlt, Tag und Nacht senden die Basisstationen jede Sekunde hundert Mal kurze Mikrowellen-Blitze aus, eine besonders bedenkliche Dauerbelastung.
- Verwendet werden wie beim Radar, dem großen Bruder Mobilfunk oder WLAN-Hausnetzen biologisch aufgrund wissenschaftlicher Studien kritisch einzuschätzende gepulste Mikrowellen.
- Die Spitzenleistung ist mit 250 Milliwatt vielfach höher als bei den früher alternativ zur Verfügung stehenden Telefonen mit dem Standard CT1+.
Seit etwa 15 Jahren gibt es mehr und mehr sog. strahlenreduzierte Geräte auf dem Markt, angepriesen z. B. unter dem Begriff „Eco“. Man sollte somit erwarten, dass wir heutzutage bei baubiologischen Messungen in Gebäuden immer weniger DECT-Signale feststellen, aber mitnichten, dies ist leider kaum der Fall. Entscheidend hierfür: Unsinnigerweise ist insbesondere die wichtige Funkabschaltung der Basisstation außerhalb von Gesprächen meist nicht ab Werk eingestellt, sondern muss vom Nutzer über mehr oder minder komplizierte Prozeduren einmalig aktiviert werden – ein Unding. Hier wird der Verbraucher in falscher Sicherheit gewogen, er wird nach wie vor überflüssigerweise dauerbestrahlt. Nur bei wenigen erfreulichen Ausnahmen ist dieser Abschaltautomatismus ab Werk eingestellt, zu diesen gehören die Geräte der Telekom mit blauem Engel bzw. dem so genannten „Blue Eco Mode“.
Des Weiteren sehr verbraucherunfreundlich und selbst für Fachleute kaum zu durchdringen:„Eco“ ist bei DECT nicht „Eco“. Jeder Hersteller versteht etwas anderes darunter, hat seine Telefone anders gebaut und programmiert. Es gibt also auf dem Markt keine einheitlichen und für den Verbraucher nachvollziehbaren Bezeichnungen für strahlungsreduzierte Telefone.
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Die Hersteller versprechen mehr oder weniger bei fast all ihren Geräten mittlerweile irgendwie „Eco“ auf dem Karton oder in der Anleitung. Im Detail nennt jeder sein Reduzierungsverfahren aber anders und es funktioniert bei verschiedenen Geräten auch unterschiedlich: „DECT-Eco“, „Eco“, „ECO Modus Plus“, „Full Eco“, „Blue Eco“, „Smart Eco“, „ecomoto“, „strahlungsfrei“, „keine Funkstrahlung“, „Halbe Reichweite“, … Bei einigen Geräten wird in der Anleitung recht genau spezifiziert, wie und wann die Strahlung reduziert wird – so kann der Verbraucher sich zumindest korrekt informieren – bei anderen überhaupt nicht, bei einigen Geräten stehen sogar falsche Angaben.
Wir von der „Baubiologie Maes“ haben vor kurzem für die Zeitschrift ÖKO-TEST (Heft 11/2017) 15 aktuell DECT-Telefone messtechnisch auf ihre Funkeigenschaften hin überprüft, alle mit „Eco“-Funktionen, 11 als typische Komplettsysteme von Basisstation mit Mobilteil, 4 als alleinige Mobilteile zum Anschluss an DECT-fähige Router. Im Folgenden werden die wesentlichen Erkenntnisse hieraus samt ihrer baubiologischen Bedeutung für die Nutzer dargestellt.
Basisstationen
Neun der elf untersuchten Modelle bieten erfreulicherweise einen Funkabschaltmodus außerhalb von Telefonaten (der allerdings wieder einmal sehr unterschiedlich bezeichnet wird, s.o.). Leider aber sind diese Modi bei fünf der Geräte nicht ab Werk im Auslieferungszustand eingestellt, sondern müssen vom Nutzer selbst über mehr oder minder komplizierte Bedienschritte aktiviert werden. Hierbei hilft bei einem Gerät noch nicht einmal das Studium der Bedienungsanleitung, da diese Funktion dort kurioserweise mit keinem Wort erwähnt wird.
Die zwei anderen Modelle haben keinen Vollabschaltmodus, hier erfolgen jeweils lediglich – ohne dass dies in der Anleitung erwähnt wird – Reduzierungen der Strahlung der Basisstation (um etwa 99 %) nach Einstecken des Mobilteils in die Basis. Dies ist erfreulich, wenn auch aus baubiologischer Sicht keinesfalls ausreichend, denn nicht jeder steckt das Mobilteil nach dem Telefonat immer in die Basis und selbst dann verbleiben in unmittelbarer Nähe noch zu hohe Strahlungsstärken. Ist bei den neun Modellen mit Vollabschaltmodus dieser nicht aktiviert, führt bei fünf Geräten wenigstens noch das Einstecken der Mobilteile in die Basis zu einer Strahlungsreduzierung.
Insgesamt sind die ermittelten Strahlungsstärken der Basisstationen während Telefonaten oder bei ausgeschalteten Abschalt-Modi bei allen Geräten ähnlich und typisch für DECT-Telefone: In einem Meter Entfernung waren es um 5.000 – 15.000 μW/m², einzig ein Gerät stach mit rund 25.000 μW/m² heraus.
Werden Router als Basisstationen verwendet, sollten diese aus baubiologischer Sicht natürlich auch über einen Vollabschaltmodus verfügen. Es gelten hier insofern die selben Empfehlungen zur Strahlungsminimierung (was Eco-Modus, Aufstellungsort usw. angeht) wie bei normalen Basisstationen.
Mobilteile
Erfreulicherweise fanden wir bei allen 15 Mobilteilen unabhängig von Einstellungen durch die Nutzer vorhandene automatische Leistungsregulierungen während Gesprächen je nach Verbindungsqualität zwischen Mobilteil und Basis. Die auftretenden Strahlungsstärken unterschieden sich allerdings deutlich: Manche Geräte reduzierten um über 99%, manche nur um rund 50 %, einige brauchten bei guter Verbindung 50-mal mehr Strahlung als andere. Voreinstellbare maximal mögliche Sendeleistungen wiesen nur drei Geräte auf.
Überraschend, dass viele Hersteller in den Anleitungen ihrer Geräte die automatische Leistungsregulierung während Gesprächen überhaupt nicht erwähnen, der Nutzer weiß also wieder einmal nicht, was sein Telefon – in diesem Falle Gutes – so macht. Manchmal ist es auch hierzu schlichtweg falsch, was in den Anleitungen steht.
Grundsätzlich ist bei all diesen Mobilteilen mit begrüßenswerten automatischen Leistungsreduzierungen weiterhin zu bedenken, dass beim Telefonieren nah am Kopf immer noch hohe und biologisch relevante Strahlungsstärken auftreten. Selbst bei gutem Empfang ist dort noch mit über 100.000 μW/m² zu rechnen. Baubiologisch sind die bei den Mobilteilen gefundenen Reduzierungen somit ungenügend, nötig wären Leistungsreduzierungen bis auf deutlich unter 1000 μW/m² nah am Kopf (was aber wohl nur mit anderen Techniken als DECT erreichbar sein dürfte).
Resümee und Empfehlungen
Gut: Alle Mobilteile hatten die Möglichkeit zum Freisprechen, man kann sie sich beim Telefonieren also weiter weg vom Kopf halten, was die dort entstehenden Belastungen deutlich minimiert.
Insgesamt sind die aktuell durch den Ökotest untersuchten Telefone sicherlich besser als andere DECT-Telefone auf dem Markt, die keine Funkabschaltungen der Basis und/oder keine automatischen Leistungsanpassungen bei den Mobilteilen haben. Sie gehören somit zu den Geräten, die für den Nutzer noch zu den geringsten Strahlungsbelastungen führen, was aber aus baubiologischer Sicht keinesfalls zu einer unkritischen bzw. uneingeschränkten Nutzung führen sollte – alle Modelle arbeiten weiterhin mit aus baubiologischer Sicht abzulehnenden gepulsten Mikrowellen, und bei allen Mobilteilen kommt es während Telefonaten zu Strahlungsintensitäten am Kopf, die von Studien an Handys her von der Weltgesundheitsorganisation WHO als möglicherweise krebserzeugend eingestuft wurden.
Nach wie vor gilt aus baubiologischer Sicht: Nutzen Sie wann immer es geht schnurgebundene Geräte zum Telefonieren, schnurlose entweder gar nicht oder nur selten und allenfalls für kurze Gespräche. Wenn es denn nun unbedingt ab und an ein Mobiltelefon sein soll, bitte unbedingt auf Vorhandensein und Aktivierung der Funkabschaltung der Basis außerhalb von Gesprächen sowie auf ein Gerät mit möglichst guter automatischer Leistungsregulierung des Mobilteils während Telefonaten achten, zudem wann immer möglich mit Freisprechfunktion telefonieren.
Hinweis: Vorsicht bei der Verwendung des neuen DECT-ULE-Standards: Laufen Smart-Home-Anwendungen hierüber, sind i.d.R. keine Basisstation-Eco-Abschaltungen mehr möglich!
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